„Dieser verfluchte Regen.“, knurrt Vinco.
„Geduld, bald sind wir im Dorf.“, erwidert Ephraim amüsiert.
„Wie heißt das Dorf eigentlich?“, fragt Drakon.
Vinco hatte am Morgen die beste Route studiert und sich die Namen der Orte gemerkt zu denen sie kamen. „Hebringeinbiermit.“
Ephraim zieht eine Augenbraue in die Höhe. „Tatsächlich?“
Darkon schüttelt sich. „Hoffentlich gibt es dort einen Gasthof. Ich könnte jetzt einen Krug Knieweich gut vertragen.“
Ephraim lächelt. Er hatte sich einmal in einem Gasthof Knieweich bestellt – nie wieder. Das Gefühl war, als würde einem mit einem riesigen Stein das Hirn aus dem Schädel gedroschen und durch eine verfaulte Zitrone ersetzt.
Knieweich gilt, neben dem olivianischen Blutwein und anderen ‚Spezialitäten’ aus dem Hause Oliviera, als eines der stärksten Getränke und wurde in einigen Teilen des Kontinents bereits verboten.
„Und wie es aussieht braucht ihr wohl auch einen.“, rief Vinco Salterian lachend zu, der, seinen Körper mit seinem Armen umschlungen, zitternd auf seinem Pferd sitzt.
„Aber nicht doch. Wir wollen doch nicht das ihn der Rausch aus dem Beutel des Alten herauswirft!“, fügt Darkon mit einem rauen Lachen hinzu.
Salterian und Vinco schauen ihn verständnislos an.
Ephraim kann sich ein Lachen nicht verkneifen als er die Gesichter sieht. Darkon meinte mit seiner Äußerung dass Salterian bei Knieweich den Verstand verlieren könnte.
„Diese Formulierung habe ich schon lange nicht mehr gehört.“, denkt sich Ephraim. „Das letzte mal...“
Er erinnert sich an seine Ausbildungszeit zurück. Er hatte die Hochelfen Schule von Ker-Benock besucht. Auf ihr waren viele Astrologen, Schriftgelehrte, Hochmagier und Philosophen fast wie zuhause.
Ephraim denkt an die Zeit zurück in der er Philosophen zugehört hatte die sich mit anderen hitzige Wortduelle und Debatten lieferten.
In diesem Zusammenhang erinnert er sich wie er einmal einer Debatte zwischen Philosophen und Astrologen zugehört hatte die über das Universum und den Sinn des Lebens diskutierten.
Manche meinten ein Alter trüge das ganze Universum in einem Lederbeutel mit sich herum. Die anderen sagten: „He, Moment mal, wenn er das ganze Universum in einem Beutel trägt, so trägt er auch sich selbst und den Beutel im Innern des Beutels, denn das Universum enthält ja alles. Auch ihn selbst. Und natürlich den Beutel. Der bereits ihn und den Beutel enthält.“
Die Antwort darauf war, Ephraims Meinung nach: Na und?
Andere fragten sich warum die Menschheit hier ist. Ephraim hielt diese Frage für äußerst kompliziert, da sie weitere Fragen aufwirft wie: „Wo sollten wir denn sonst sein?“
Er musste lachen als er sich vorstellte wie ein Gott die Wolken teilt und sagt: „Meine Güte, seid ihr immer noch da?“... Aber das führt zu nichts.
Mittlerweile hatten sie Hebringeinbiermit erreicht und Cynthia zu ihnen aufgeschlossen.
Der Regen hat aufgehört und in der Luft liegt ein leichter Nebel. Hebringeinbiermit besteht aus einigen Dutzend Holzhütten und einem Dorfplatz mit Brunnen.
Die Architektur der Häuser verdient das Prädikat ‚eigentümlich’, wobei die Bedeutung dieses Wortes in Richtung ‚absonderlich’ zielt, was man in diesem besonderen Fall mit ‚schäbig’ gleichsetzen kann.
„Lasst uns erst mal ein Gasthaus zum Übernachten suchen.“, schlägt Cynthia vor, gefolgt von beistimmendem Nicken der anderen.
Sie hatten eins gefunden, die Pferde im Stall untergebracht und sie ein einfaches Mahl genossen hatten, schlägt Salterian vor den Proviant in dem Dorf nachzufüllen.
„Stimmt. Das Brot ist nass geworden.“, bestätigt Darkon, nachdem er die Satteltaschen durchgesehen hat.
„Hmm, nasses Brot...“, ertönt Valacars Stimme, der mittlerweile aufgewacht war.
„Das ist nicht euer Ernst!“, ruft Cynthia angewidert.
Sie steht so ruckartig auf, dass Darkon das Brot auf den Staubigen Wirtshausboden fallen lässt.
Valacar hechtet auf den dreckigen, feuchten Brocken Brot zu.
„Hey! Das kann man noch essen!“
Vinco steht auf und tritt das Brot mit dem Fuß zur Seite.
„Bevor es hier noch ekliger wird: Auf zum Marktplatz.“
Sie verlassen das Gasthaus ohne Valacar, den der kriecht irgendwo unter den Tischen und sucht sein Brot.
Marktplatz konnte ein sehr dehnbarer Begriff sein.
Ganze drei Stände gab es auf dem Platz, der um den riesigen Brunnen ausgerichtet war, auf dem eine Statue einer Göttin stand die Ephraim nicht kennt.
Fast keine Leute sind in den Gassen. Der Nebel wird langsam dicker.
Darkon schnürt die Satteltaschen zu und geht zu den anderen. Hinter ihm bauen die Händler ihre Stände ab.
Ein Händler läuft an der Gruppe vorbei.
„Ihr solltet lieber ins Haus zurück gehen. Es wird dunkel.“, ruft er ihnen zu.
„Was meint er damit?“, fragt Salterian.
„Außer das wir ins Gasthaus zurück gehen sollen? Keine Ahnung.“, erwidert Vinco.
Valacar hat anscheinend den Weg zu ihnen gefunden und kommt auf sie zu.
„Einen Moment, gute Frau!“, ruft Salterian einer alten Frau zu, die über den Platz eilt.
Die Frau sieht sich hastig um. „Ihr solltet lieber ins Haus gehen.“
„Was meint ihr damit?“. fragt Cynthia.
„Nachts verschwinden hier anscheinend Kinder.“, meint Ephraim.
„Woher wisst ihr das?“, fragt Cynthia.
„Ich hab mich vorhin ein bisschen umgehört.“
Die alte Frau nickt: „Ganz recht. Aber nicht nur Kinder. Auch Erwachsene hat es schon getroffen. Kommt mit in mein Haus. Ich erzähle es euch.“
Salterian, Cynthia und Darkon wollen der Frau nachgehen doch drehen sie sich nach ein paar Schritten um, um zu sehen wo die anderen bleiben.
Valacar torkelt und fällt um. Ephraim torkelt auch, doch Vinco kann ihn stützen.
„Was ist los?“, fragt Darkon besorgt.
„Keine Ahnung!“, meint Ephraim und bricht in einen Lachanfall aus. Dann kippt er vornüber.
Die alte Frau kommt hinzu: „Habt ihr aus dem Brunnen getrunken?“
„Ja, wobei, Moment ich weiß nicht...Jaa, kann sein...aber auch nicht. Wer weiß das schon?“
Er bricht erneut in einen Lachanfall aus. Hinter ihnen grunzt Valacar und wälzt sich auf dem Boden.
„Was ist in dem Wasser?“, fragt Cynthia besorgt.
„Es wurde vergiftet. Es macht eure Freunde verrückt. Aber seid unbesorgt es hält nicht lange an. Wir sollten sie trotzdem zu mir bringen.“
„Ich bin nicht verrückt. Seht ihr, das sagt auch der rosa Elefant der dort drüben vorbeiradelt.“, Ephraim deutet auf einen Mann in einem Kapuzenmantel der sie beobachtet.
Der Elefant spuckte gezielt in seine Richtung.
„Arggh!“
Ephraim hechtet zur Seite.
Der Mann kommt auf sie zu.
„Verlasst Hebringeinbiermit Fremde. Oder ihr werdet alle sterben! Fremde sind hier äußerst unerwünscht.“
„Warum kommen diese Spinner immer zu uns?“, knurrt Vinco und packt seine Glefe.
Der Mann zieht sein Schwert. „Ihr habt es nicht anders gewollt.“
Der Mann schlägt auf Vinco ein. Der pariert und greift seinerseits an. Doch der Wahn gibt dem Mann Kraft und so wollen auch Salterian und Darkon eingreifen als sie ein markerschütterndes Knacken hören und der Mann zusammenbricht. Ephraim steht hinter ihm und hat ihm mit seinem Schwertknauf die Schläfe eingeschlagen.
„Verdammter Elefant!“, knurrt er. Dann fällt er um.