Aus dem Tagebuch einer Ich-AG

16. Juni -Habe endlich die Firma gegr�ndet. Auf die Ausschreibung f�r die Stelle kam nur eine Bewerbung. Meine. Das Bewerbungsgespr�ch verlief positiv. Ich entspreche genau meinen Vorstellungen. Trotzdem, Vorsicht: habe vier Wochen Probezeit mit mir vereinbart.

02. Juli -Erste Zwischenbilanz nach 14 Tagen: es l�uft. Zwar noch nicht so besonders, aber doch irgendwie. Aber es wird schon - da bin ich mir einig.

26. Juli -Das Gesch�ft brummt! Habe eigentlich eine Woche Urlaub beantragt. Kann ich aber nicht genehmigen. Mu� ich mir nur noch sensibel beibringen - aber die Kunden gehen vor!

13. August -Mu� dringend mit mir �bers Geld reden. Kann ja nicht sein, da� ich einerseits Gewinne mache (Einzelheiten erf�hrt man ja als Angestellter nicht...), w�hrend andererseits mein Gehalt stagniert. Was w�re ich denn ohne mich?

17. August -Habe mich heute fr�h �ber mich aufgeregt. Mehr Gehalt � das kann ja wohl nicht wahr sein. Erstmal mu� ich doch Kapital ansammeln, damit ich investieren kann. Aber das werde ich mir schon noch beibringen: Wahrscheinlich mu� ich die Z�gel ein bi�chen anziehen, sonst komme ich noch auf die Idee, einen Betriebsrat zu bilden.

21. August -Heute fr�h zwei Stunden Warnstreik. Wenn ich es nicht kapiere, dann ziehe ich eben einen knallharten Arbeitskampf durch. Keinen Urlaub, keine Gehaltserh�hung - nicht mit mir!

22. August -Warnstreik! Na warte. Das gibt eine wundersch�ne Aussperrung!

23. August -Ha! Jetzt habe ich's mir gezeigt! Mit Aussperrung hatte ich nicht gerechnet. Aber die Firma kann sich keine Pause leisten. Deshalb brauche ich einen Streikbrecher. Am besten mich, denn ich kenne mich ja aus - da werde ich aber Augen machen!

26. August -Habe mit eigenen Ohren geh�rt, wie ich mich "Dummes Schwein" genannt habe. Habe es mir sofort gemeldet, denn den Chef zu beleidigen st�rt eindeutig den Betriebsfrieden.

27. August -Die Beleidigung hat Folgen - habe mir eine Abmahnung erteilt. Noch einmal und ich bin entlassen.

17. September -Seit dem Streikbrechereinsatz und der Abmahnung ist Ruhe in der Firma - kein Gemecker mehr, keine Gehaltsforderungen.

21. Oktober -Ich gehe an die B�rse. Wenn schon Ich-AG, dann richtig. Spiele mit dem Gedanken, alle Aktien selbst zu kaufen, damit mir keiner
reinquatschen kann.

03. November -Der B�rsengang war ein voller Erfolg. Die Aktien gingen weg wie warme Semmeln. Bin allen anderen m�glichen K�ufern zuvorgekommen. Tja, clever mu� man sein. Jetzt bin ich nicht nur Inhaber und Gesch�ftsf�hrer, sondern auch Vorstandsvorsitzender. Und Vorsitzender des Aufsichtsrates.

14. Dezember -Irgendwie klemmt das Gesch�ft im Moment. Liegt es am Wetter?

16. Dezember -Jetzt wei� ich, woran es liegt: die Lohnnebenkosten sind zu hoch! Ja, wenn ich ein T�rke w�re oder ein Pole, da w�r's vielleicht billiger. Aber so - ich hab zu hohe Anspr�che.

03. Januar -Mu�te mir eine Gewinnwarnung geben. Jetzt regt sich der Aktion�r auf. Und der Aktienkurs f�llt. Da werde ich wohl am Personal sparen m�ssen.

04. Januar -Kurzarbeit! Das fehlte noch. Andererseits - ich k�nnte mich nach einem Nebenjob umsehen. Vielleicht mache ich auch Schwarzarbeit bei mir.

07. Januar -Habe mich heute entlassen. Der Aktion�r jubelt - der Kurs ist kurzzeitig nach oben geschnellt. Shareholder value ist eine tolle Sache!

12. Januar -Habe viel Zeit. Werde noch eine Firma gr�nden, gehe damit auch an die B�rse, kaufe mir gegenseitig die Anteile weg. Das erzeugt Nachfrage und jagt den Kurs hoch- Obwohl - vielleicht sind das verbotene Insidergesch�fte? Egal, Hauptsache, es bringt Gewinn. Au�erdem - wenn ich dicht halte, kommt es nie raus.


When you find a big kettle of crazy, it's best not to stir it.
--Dilbert cartoon

"Interplay.some zombiefied unlife thing going on there" - skavenhorde at RPGWatch