GUN:

Es gab zwei gute Gründe, warum ich mir diesen Western-Shooter zugelegt habe:
1. Ich mag Western und im Computerspiele-Bereich ist dieses Genre leider sehr vernachlässigt - abgesehen von ein paar Strategiespielen, die nicht meinem Geschmack entsprechen.
2. Die hervorragende Besetzung der Sprecher - zum Glück wurde das Spiel nicht synchronisiert, sondern nur deutsch untertitelt.
Denn unter den Sprechern befinden sich immerhin drei der coolsten Schauspieler überhaupt: Lance Henriksen ("Millennium", "Aliens - Die Rückkehr" und vieles mehr), Brad Dourif (Grima Schlangenzunge aus "Der Herr der Ringe", "Chucky - Die Mörderpuppe") und Ron Perlman ("Blade II", "Hellboy", "Die Stadt der verlorenen Kinder")! Und auch die weiteren Rollen sind sehr prominent besetzt: Die Spielerfigur wird von Thomas Jane ("The Punisher", "Under Suspicion") gesprochen, außerdem sind Tom Skerritt und Kris Kristofferson mit von der Partie (eigentlich lustig: Mit Henriksen, Skerritt und Perlman sind gleich drei Schauspieler dabei, die in allen vier "Alien"-Filmen mitgespielt haben, allerdings nie zusammen!).
Und in der Tat machen sie ihre Sache sehr gut, während die deutschen Untertitel zwar weitgehend ordentlich sind, aber es gibt doch ein paar Aussetzer, wo man sich fragt, warum das eigentlich keinem vor der Veröffentlichung aufgefallen ist.
Musterbeispiel: "Do you have the guts?" (frei nach Olli Kahn: "Hast Du die Eier (mich im Nahkampf zu besiegen)?" <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />) wird mit "Hast Du die Waren?" übersetzt ... <img src="/ubbthreads/images/graemlins/ouch.gif" alt="" />
Außerdem wurden manche Sätze einfach gar nicht untertitelt.

Aber eigentlich sollte ich zuerst über das Spiel an sich berichten: "Gun" ist ein sehr solides Spiel mit schönem Westernfeeling und einer interessanten, aber leider viel zu kurzen Hauptgeschichte. Durch diverse Nebenmissionen - die dazu dienen, die Fähigkeiten der Spielfigur (nicht allzu originell: Ein junger Cowboy, der den gewaltsamen Tod seines Ziehvaters rächen und dem Geheimnis seiner Herkunft auf den Grund gehen will) auszubauen - wird die Spieldauer immerhin soweit gedehnt, daß sie in etwa der üblichen Shooter-Dauer entspricht (so um die 10 Stunden, würde ich sagen). Was allerdings auch daran liegt, daß die eher anspruchslosen, aber durchaus spaßigen Nebenmissionen - Kopfgeldjagd, "Pony-Express", Jagd u.ä. - aus sehr viel "in der Gegend herumreiten" bestehen. Bei der eigentlichen Handlung (die durch mitunter erstaunlich brutale Zwischensequenzen weitergeführt wird) gibt es zudem als Abwechslung auch ein paar Schleichmissionen.
Die Spielwelt ist auf den ersten Blick recht lebendig, es gibt sogar immer wieder Schießereien untereinander. Leider gibt es für den Spieler aber kaum Interaktionsmöglichkeiten.

Kleiner Tip: Es ist nicht unbedingt ratsam, alle Nebenmissionen vor dem Ende der Hauptstory zu bestreiten. Ich habe es gemacht, weil ich dachte, das wäre so vorgesehen (von wegen Fähigkeiten-Steigerung), aber im Grunde sind die Auswirkungen der Steigerungen eher marginal. Und da man nach Bewältigung der Story ein paar schöne Extra-Gimmicks erhält, ist das schon ärgerlich, wenn man sie nicht mehr einsetzen kann, weil man bereits alle Nebenmissionen absolviert hat ...
Der Schwierigkeitsgrad ist trotz leicht eingeschränkter Speichermöglichkeiten überwiegend sehr fair, lediglich ganz am Anfang fühlte ich mich etwas überfordert, da es doch ziemlich heftig beginnt, während man noch versucht, sich an Steuerung und "Schnellziehen" (=Bullet time) zu gewöhnen.
Sobald man sich jedoch (zumindest in meinem Fall ziemlich schnell) eingelebt hat, wird es fast ein bißchen zu einfach. Erst das Finale fordert dann wieder so richtig.

Einige kleinere Bugs (z.B. daß man nach Beendigung einer Nebenmission häufig ohne Pferd mitten in der Wildnis steht - glücklicherweise findet sich meistens in relativer Nähe ein neues) und die nicht unbedingt überragende Gegner-KI trüben ein wenig den Spielspaß, aber insgesamt ist "Gun" vor allem für Western-Freunde ein unterhaltsamer Shooter.
Angesichts der Kürze halte ich den Vollpreis jedoch für überzogen. 30 Euro wären meiner Ansicht nach angemessen gewesen, insofern würde ich Interessenten empfehlen, einfach zu warten, bis es das Spiel zum Budget-Preis gibt - sollte nicht allzu lange dauern. Ah, ich sehe gerade, daß es bei amazon.de immerhin bereits knapp unter 30 Euro kostet.

Insgesamt erhält das Spiel an sich von mir ein "gut", für die kurze Spieldauer gibt es jedoch Abzüge. Unterm Strich also eine 2-3.

Last edited by Ralf; 10/04/06 03:32 PM.