DARK MESSIAH OF MIGHT AND MAGIC:

Das "Might and Magic"-Universum mit einem Ausflug in die Welt der Action-Adventures/Ego-Shooter oder wie auch immer die korrekte Bezeichnung hierfür sein mag.
Der Spieler übernimmt die Rolle des jungen Magier-Lehrlings Sareth, der - man ahnt es - die Welt Ashan retten oder wahlweise auch zum Untergang führen darf.
Als eigentlich einziges RPG-Überbleibsel ist die Fertigkeiten-Steigerung übriggeblieben, mittels derer der Spieler selbst bestimmen kann, ob er Sareth als Magier, als Krieger, als Dieb oder als Allrounder (nicht unbedingt zu empfehlen) durch seine Abenteuer führt.
Die meiste Zeit im Spiel verbringt man kämpfend - zumindest wenn man Spaß haben will, denn die Diebeskarriere auf den Spuren von "Thief"-Garrett ist erstens langweilig und zweitens mangels ausgefeilten Schleichsystems ineffektiv.
Eine Karriere als Zauberer ist zwar besser, aber obwohl die Zaubersprüche nett anzusehen sind, macht auch das nicht so viel Spaß wie die "echten" Kämpfe. Dennoch sollte JEDER sich so früh wie möglich den Zauberspruch "Heilen" zulegen! Die Heil- und Manatränke sind zwar reichhaltig verteilt, aber dieser Spruch vereinfacht das Ganze definitiv.
Gelegentlich erhält man in den Kämpfen Unterstützung, doch die meiste Zeit über hält sich man ganz alleine schadlos - was aber kein Problem ist, denn die Kämpfe machen Spaß!

Hierbei muß angemerkt werden, daß ich (dank Patch) die ungeschnittene internationale Version spiele, die ich dringendst empfehlen möchte! Denn bei der deutschen Version läuft das mehr oder weniger darauf hinaus, daß man stumpfsinnig mit der Waffe auf den Gegner einschlägt, bis er tot am Boden liegt. Okay, auch in der deutschen Version fließt ein wenig Blut (was ja nicht selbstverständlich ist), aber gerade die spektakulären Special Moves bleiben dem Spieler weitgehend vorenthalten.
Das Kampfsystem an sich ist wie erwähnt sehr spaßig, aber auch sehr simpel. Es gibt nur wenige Combos (die aber zumindest im normalen Schwierigkeitsgrad locker ausreichen), taktische Gefechte wie im vergleichbaren Klassiker "Rune" (zumindest gegen humanoide Gegner) kommen leider nicht zustande.
Dafür zeichnet sich "Dark Messiah" durch die Möglichkeit aus, Gegner nicht nur mit der Waffe in der Hand zu besiegen. So kann man sie beispielsweise durch gezielte Fußtritte ins Feuer oder gegen stachelgespickte Gestelle an den Wänden (keine Ahnung, warum die da überall rumstehen <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />) ausschalten. Lustig ist es auch, wenn man z.B. ein sensibles Seil eines Kronleuchters kappt, dieser dadurch in der Halle hin und her schwenkt und dabei in dieser Hinsicht nicht allzu intelligente Gegner ausknockt.
Letztlich bleiben das allerdings Spielereien, die zunächst viel Spaß machen, im weiteren Verlauf aber kaum je wirklich gebraucht werden. Zudem sind die Kämpfe mit dem Schwert schlicht und ergreifend unterhaltsamer! Nach einer Weile gerät Sareth in längeren Kämpfen übrigens in den "Adrenalin"-Zustand, in dem er seine/n Gegner mit besonders spektakulären (in der unzensierten Version!) und teilweise ziemlich brutalen Moves den Todesstoß versetzen kann - gerade gegen (Zwischen-)Endgegner ist das sehr hilfreich. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" />

Apropos Schwert: Es gibt dutzendweise Waffen in "Dark Messiah", doch die meisten davon sind schlicht überflüssig. Dolche sind zu schwach, Kampfstäbe zu träge und auf Bögen trifft beides gleichzeitig zu - erst ganz am Ende, wenn man besonders starke Waffen findet, lohnt sich auch der Einsatz dieser Waffengattungen. Bis dahin ist das Schwert (IMHO) eindeutig die Waffe der Wahl ...

Womit wir schon beim Inventar wären: Das ist nämlich begrenzt und ständig voll, obwohl es eigentlich nur wenige wirklich unterschiedliche Sachen zu finden gibt: Haufenweise Waffen, Schilde und Rüstungen, die üblichen Tränke und Nahrungsmittel (zum Glück "stapelbar"), Zauberspruch-Rollen, ein paar Ringe und etliche Bücher. Gerade bei letzteren habe ich mich nie getraut, die einfach wegzuwerfen, weil ich dachte, die brauche ich noch irgendwann. Das war ein Irrtum! Die Bücher erhalten teilweise nützliche Informationen (z.B. über Schwächen der einzelnen Gegner), sind insgesamt aber verzichtbar. Also einmal lesen und dann wegschmeißen!
Angenehm ist, daß man neun Gegenstände auf die Nummern-Tasten der Tastatur verteilen kann, sodaß man sehr schnell Zugriff auf die wichtigsten Waffen, Tränke und Zaubersprüche hat. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" />
Kurioserweise werden nämlich auch gelernte Zaubersprüche im Inventar verstaut, was einmal zur lachhaften Situation führt, daß man nach dem Verlust seines Rucksacks nicht mehr zaubern kann, trotz voller Mana-Anzeige ...

Was die Spieldauer betrifft, bin ich zufrieden. Das Spiel dauert nicht gerade ewig, ist aber auch nicht zu kurz geraten, wie ich finde. Es gibt insgesamt vier verschiedene Endsequenzen, die die Wiederspielbarkeit zwar erhöhen, aber auch nicht allzu sehr: Denn erstens kann man durch geschicktes Speichern alle vier Enden sehen, ohne mehr als das letzte Kapitel wiederholen zu müssen und zweitens sind sich die Enden ziemlich ähnlich - was wohl daran liegt, daß alle Raum für ein mögliche Fortsetzung lassen müssen. Davon abgesehen sind die Endsequenzen sowieso eher enttäuschend ausgefallen ...

Bei längerer Spieldauer wäre zudem ein Problem wesentlich stärker zu Tage getreten: Die nicht sehr abwechslungsreichen Schauplätze! Darüber war ich schon ein wenig enttäuscht. Zwar sind die wenigen unterschiedlichen Örtlichkeiten (eine mittelalterliche Stadt, ein mysteriöser Tempel und eine schauerliche Nekromanten-Burg) sehr schön und durchaus detailliert anzusehen und dank gelungener Soundkulisse auch sehr atmosphärisch - aber eben auf Dauer etwas arg eintönig. Daß es außer den bereits genannten Inventar-Gegenständen nicht viel mehr in den kargen Räumen zu entdecken gibt, trägt auch nicht unbedingt zur Abwechslung bei.

Gelgentlich gibt es auch simple Rätsel zu lösen, die vermutlich nicht mal den IQ eines Neugeborenen überfordern würden , aber es handelt sich nunmal primär um ein Action-Spiel, da stört das nicht allzusehr.

Erfreulicherweise ist deutsche Synchronisation durchaus gelungen. Die Sprecher gehen engagiert zu Werke (dabei kommt auch der Humor in den Dialogen nicht zu kurz) und sind mit einer Ausnahme passend besetzt: Denn ausgerechnet der Ober-Oberbösewicht hat IMHO eine zu helle Stimme, die mich immer wieder gestört hat.
Wer lieber gleich auf die Originalversion zurückgreift: Soweit ich mich erinnere, kann man vor der Installation einstellen, in welcher Sprache man das Spiel erleben will. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" />

Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß "Dark Messiah of Might and Magic" das Zeug zum echten Klassiker gehabt hätte - wäre etwas mehr Sorgfalt auf die Spielbalance der verschiedenen Stile verwendet worden sowie auf die Kreation unterschiedlicher Schauplätze. Auch aus den Physik-Spielereien hätte sich sicherlich noch mehr herausholen lassen können.
Somit ist "Dark Messiah" letztlich ganz bestimmt kein Klassiker geworden, aber auf jeden Fall ein sehr unterhaltsames, atmosphärisches und spannend erzähltes Spiel vor allem für Genrefans. IMHO nicht so gut wie einst das abwechslungsreichere "Rune", aber deutlich besser als ein reines Hack ´n´ Slay wie "Die Rückkehr des Königs".
Das gibt von mir die glatte Schulnote 2.

Bugs hatte ich übrigens fast keine, nur einen kleinen Tonbug bei den (seltenen) Zwischensequenzen und ein paar Mal ist Sareth in engen Ecken hängengebieben, sodaß ich neu laden mußte. Aber absolut nichts dramatisches und das ohne jeden Patch (keine Ahnung, ob inzwischen überhaupt einer erschienen ist ...)!

Last edited by Ralf; 28/11/06 04:08 PM.