CALL OF CTHULHU - DARK CORNERS OF THE EARTH:

Ein sehr ungewöhnliches Computerspiel (mittlerweile bei amazon.de für unter 15 Euro erhältlich).
Die ersten Spielstunden fühlt man sich wie in einem Adventure, bloß mit Ego-Shooter-Steuerung. Man spielt den Privatdetektiv und Ex-Cop Jack Walters, dem sechs Jahre in seiner Erinnerung komplett fehlen, zudem wird er seitdem immer stärker von Alpträumen und düsteren Visionen geplagt. Als ihn ein neuer Auftrag (der Geschäftsführer einer Firma ist verschwunden) in das unwirtliche Küstenkaff Innsmouth führt, scheint er endlich der Auflösung des Geheimnisses um seine sechs verlorenen Jahre näherzukommen.
In Innsmouth angekommen, muß Jack sich mit äußerst schlecht gelaunten Bürgern herumärgern und kommt zunächst so überhaupt nicht mit seinem Fall voran. Doch ein paar Bürger erzählen ihm von äußerst sinistren Vorkommnissen in Innsmouth.
Nachdem man so die ersten Stunden in dem Ort verbracht und dabei einige beunruhigende Erlebnisse und Visionen erlitten hat, sehnt man sich ernsthaft danach, endlich mal eine Waffe zu finden. Doch nichts da, erstmal geht das Adventure in einen Schleich-Titel á la "Thief" über. Bloß eben ohne Waffen, was das ganze nicht einfacher macht.

Erst anschließend wird "Call of Cthulhu" zu einem ziemlich traditionellen Shooter mit allerdings sehr gelungener Horror-Atmosphäre. Die Locations sind nicht allzu originell, aber abwechslungsreich und die düstere Stimmung fasziniert bis zum Schluß. Dennoch muß ich sagen, daß mir die ersten Stunden insgesamt am besten gefallen haben.

Was "Call of Cthulhu" vielleicht sogar am interessantesten macht, ist aber eine absolute Besonderheit im Spiele-Universum: Jack Walters kann nicht nur physisch verletzt werden, zusätzlich spielt auch seine mentale Gesundheit eine Rolle! Je mehr Grauenhaftes Jack erlebt, je mehr Tote er sieht, je mehr monströsen Gegnern er gegenübersteht, desto stärker leidet sein Geisteszustand. Das wirkt sich dadurch auch, daß die Sicht verschwimmt, das Hörvermögen abnimmt, das Herz wie verrückt schlägt und die Steuerung aufgrund seiner Panik viel sensibler reagiert als normal. Auch unter Höhenangst leidet Jack dummerweise.
Wenn es zuviel wird, verliert Jack seinen Verstand und bringt sich mit der Waffe, die er in der Hand hält, selbst um! Ist er waffenlos, erwürgt er sich irgendwann einfach ...

Viel machen kann man leider nicht, um den Geisteszustand zu verbessern. Während man Wunden durch Bandagen, Schienen, Fäden oder bei Bedarf Gegengift heilen und notfalls auch mit Morphium die Schmerzen betäuben kann (was aber der mentalen Gesundheit schadet), hilft hier nur, sich möglichst weit von grauenerregenden Situationen fernzuhalten. Nicht so einfach in Innsmouth!

Manche halten dieses Konzept der mentalen Gesundheit für gescheitert. Zugegeben, es ist vielleicht nicht ideal spieletauglich und in einigen Situationen nervt es sogar tierisch, da es fast unmöglich ist, einen Boßgegner zu besiegen, ehe man den Verstand verliert. Dennoch macht es "Call of Cthulhu" zu etwas Besonderem und es paßt hervorragend zur Stimmung dieses Grusel-Shooters. Ohne dieses Feature wäre das Spiel vermutlich nur halb so schön schaurig! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />

Ein weit größeres Problem ist übrigens, daß "Call of Cthulhu" ziemlich bugverseucht ist und auf vielen Systemen - wie ein Blick ins Internet gezeigt hat - zunächst fast nicht spielbar ist. So war es auch bei mir. Nach jeder Cutscene und nach jedem Ortswechsel bin ich wieder auf dem Desktop gelandet. Als ich schon aufgeben wollte, bin ich jedoch im Internet auf einen rettenden Tip gestoßen (man muß irgendwelche speziellen Treiber runterladen) und danach lief das Spiel bei mir zum Glück ziemlich reibungslos.

Insgesamt ist "Call of Cthulhu" also ein sehr spieltechnisch sehr innovativer Beitrag zum Grusel-Genre, der Freunden von "Silent Hill" oder natürlich der zugrundeliegenden Geschichten von H.P. Lovecraft sicherlich viel Freude bereiten wird - falls sie mit der Sache mit dem Geisteszustand zurechtkommen. Der Shooter-Teil in der zweiten Hälfte läßt es leider ein wenig an Originalität fehlen und das Ende der Story fand ich eher unbefriedigend (es sollte wohl eine Fortsetzung geben, aber ich glaube, die Firma ist inzwischen pleite <img src="/ubbthreads/images/graemlins/disagree.gif" alt="" />), dennoch handelt es sich um ein gutes Spiel. Folgerichtig gibt es die Schulnote 2 von mir und eine Empfehlung für Freunde des Genres. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />

Die Spieldauer betrug bei mir übrigens gut 10 Stunden, allerdings bin ich bei solchen Spielen auch immer besonders gründlich und vorsichtig, weil ich die Atmosphäre einfach richtig genießen will. Es macht mir einfach keinen Spaß, einfach durch die Szenerie zu rennen. Folgerichtig habe ich auch eine ziemlich schlechte Schluß-Bewertung erhalten, aber dafür hatte ich mit ziemlicher Sicherheit mehr Spaß am Spiel als die Turbogamer, die das Spiel angeblich in drei bis vier Stunden schaffen ...

Last edited by Ralf; 17/04/07 06:15 PM.