Ich weiß jetzt übrigens, was mich an der Questlogik in TW so stört. Normalerweise bin ich es gewohnt, in C-RPGs Informationen überwiegend durch Dialoge zu erhalten.

In TW laufen die (sehr guten) Dialoge offenbar auf Sparflamme - es wird "ein wenig" informiert - und im Questlog tauchen dann plötzlich weitere, detaillierte Angaben auf, die im Dialog überhaupt nicht erwähnt wurden. Da bittet eine heidnische Priesterin etwa darum, ihre von einer Geheimorganisation verschleppten Getreuen zu befreien - und im Questlog tauchen plötzlich exakte Infos auf, wo man suchen sollte, obwohl darüber kein Wort gefallen ist. Das verwirrt manchmal.

Zu den Konsequenzen, die zu Beginn noch nicht einzuschätzen waren:
Bestimmte Entscheidungen, die man im SPiel trifft, ziehen tatsächlich weitreichende Konsequenzen nach sich, oft noch wesentlich später im Spiel (dadurch kann man mal nicht eben jede Konsequenz schnell durchprobieren. Beispiel: Im 4. Kapitel wird man noch mal mit einer Entscheidung konfrontiert, die man im 1. Kapitel getroffen hat). Z.T. ändern sich Quests. Das ermöglicht bei erneutem spielen ein leicht geändertes Spielerlebnis. Sehr schön: Oft werden Punkte, die durch frühere Entscheidungen beeinflusst sind, durch einen gezeichneten Rückblick als Konsequenz früherer taten deutlich gemacht. Dann weiß man, warum jetzt gerade dies geschieht, und wie man selber zu dieser Entwicklung beigetragen hat. Solche Szenen tragen ungemein zur Atmosphäre bei.

Die Entscheidungen, die man zu treffen hat, sind keineswegs leicht und unterscheiden sich deutlich und angenehm von anderen C-RPGs. Beispiel: die untertdrückten "Anderlinge", Elfen und Zwerge, die gemeinsam (!) als Rebellen für ihre Freiheit gegen die Menschen kämpfen - und darüber selber zu Rassisten werden und sich die schlimmsten Züge der menschen aneignen. Terror, Folter, grausamer Mord an Unschuldigen - oh nein, Elfen sind in TW keineswegs die sensiblen, guten Wesen... Andererseits trifft man immer wieder Anderlinge, die sehr überzeugend ihren Wunsch nach Freiheit und dem Ende der brutalen Unterdrückung durch die Menschen Ausdruck verleihen. Auf der anderen Seite die Menschen, darunter viele Hilflose, die den Terror besonders stark zu spüren bekommen - und einen Ritterorden, der fanatisiert und gnadenlos gegen Elfen und Zwerge vorgeht und, geprägt von Rassismus alles, was anders ist, vollkommen auszurotten versucht - und das ohne Rücksicht, selbst auf die eigenen Leute. Schwer, hier Sympathien zu haben. Ein Spiegel unserer Welt, oder, wie es jemand in einem anderen Forum treffend formuliert hat: Man kann wählen, ob man die Taliban oder die Amerikaner unterstützt... oder neutral bleibt und sich damit beide Seiten zum Feind macht und dann immer das Gefühl hat, seine Freunde oder liebgewonnene NPCs, die wie der Protagonist in dem unseligen Konflikt gefangen sind, im Stich gelassen zu haben...

Es ist beinahe perfekt: Man ist in diesem Spiel Teil der Welt - und gleichzeitig ist die Welt auch Teil des Protagonisten. er beeinflusst die Welt durch seine Taten, aber er ist nicht der Einzige, der Taten vollbringt - und so wird auch er durch die Welt beeinflusst.
Ein lebendige, dynamische - und beinahe schmerzhaft reale Welt. Wahrhaft ein ausgereiftes Spiel.

Bugs: Inzwischen sind mir eine Reihe Questbugs begegnet, durch die bestimmte Aufgaben nicht beendet werden können, wenn man sie nicht in der "richtigen" Reihenfolge angeht. Ärgerlich, aber bisher konnte das Spiel immer foprtgeführt werden. Das ist immerhin schon etwas.
Abstürze tauchen jetzt, zum Ende des Spiels, vermehrt auf. Mir ist das Spiel inzwischen schon etwa 5x mitten drin abgeschmiert (!) und ca. 7x beim Verlassen. Das ist ungeheuerlich - ungeheuerlich in sofern, dass ich kaum ein anderes SPiel kenne, das in so einer frühen Version so unglaublich stabil läuft und so wenig Bugs aufweist! Hut ab vor der Qualitätskontrolle bei einem dermaßen komplexen Spiel! So etwas sollte sich als Standard etablieren!

Fazit: auch nach vielen Stunden Spielzeit und weitem Fortschritt im Spiel fällt mein Urteil über TW noch ausgesprochen positiv aus. Einiges Störende ist aufgetaucht, was ich mir geändert oder verbessert wünsche. Aber dafür ist auch so manches Gutes dazugekommen, das im frühen Spiel noch nicht einzuschätzen war.
TW hält seine Versprechungen. Tatsächlich bin ich der Meinung, dass sich die Werbung des Spiels im Vergelich zu dem, was man bekommt, ausgesprochen bescheiden liest. Ich finde, man bekommt mit TW verdammt viel ausgezeichnetes RPG, eine überzeugende Story, die sich vorbildlich, geradezu perfekt präsentiert, und obendrein noch eine erfrischende Technik (Talent-/Stufensystem, Kampfsystem) besitzt. Und als Zuschlag, obwohl das für einen RPGler eher sekundär wichtig ist, eine wirklich gute Grafik und atemberaubende Animationen (übrigens etwas, was trotz der hohen Qualität nicht zu sehr bei der Eigenwerbung thematisiert wird. Schon das ein erfreuliches Signal, das zeigt, das Grafik in diesem Spiel nur ein Mittel zum Zweck, aber keineswegs Selbstzweck ist!) Alles in allem also ein Spiel, dass mMn ein Highlight der C-RPG Geschichte ist, das neue Maßstäbe setzt - und an dem sich hoffentlich künftige Entwickler orientieren werden!