Sir Peter Ustinov beim Kölner Stadt-Anzeiger (Extrakte)
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[...]So erzählt er nebenbei von dem amerikanischen Senator, den er mitten in der Kuba-Krise eine Havanna rauchen sieht. Von Blairs Vater, der der früher dort Professor war, wo Ustinov heute Dekan ist. Und erinnert an seinen weltberühmten Film "Quo Vadis". Für die Darstellung des Nero erhielt er einst einen Oskar und sagt nun: "Mein privater Alptraum ist, daß ich nie Nero gespielt habe, sondern George W. Bush." Und alle lachen. Kurz nur, weil es eigentlich nicht lustig ist, sondern Humor von der bissigen Sorte. Und dann plötzlich ist es Sir Peter bitterernst. "Amerika ist eine Gefahr für den Weltfrieden" sagt er erschrocken und zitiert Nelson Mandela. "Verstehen", sagt er, "begreifen" kann auch er diesen unbedingten Willen zum Krieg gegen den Irak nicht, wie ihn Bush und Blair betreiben. Blair habe ihn schrecklich enttäuscht. Und Bush ? "Bush will Familiengeschichte schreiben. Vielleicht denkt er, sein Vater war damals zu alt, um Saddam Hussein zu beseitigen."
Bush dumm oder töricht zu nennen, dazu läßt sich ein Ustinov nicht hinreißen. Das muß dann schon die Verwandlung in einen häßlichen Texaner leisten, einen Amerikaner, der in texanischem Slang seine hemdsärmelige Weltsicht unters Soldatenvolk streut. "Und dann brüllen sie dann wie einst in Nürnberg", sagt Ustinov. Und schon wird aus dem nüchternen Konferenzsaal eine kleinen Bühne, auf der ein bitterböses Stück gespielt wird. Ustinov erinnert an Goebbels und sein Propagandaministerium, spricht von den vielen Lügen dieser Vorkriegs-Zeiten, untermals von vielsagenden Grimassen. Bewußt politisch unkorrekt. "Ich bin kein Politiker. Ich muß nicht immer Recht behalten", sagt er, und rückt seine Empörung ins rechte Licht.
"Aber ich mache mir Sorgen", gesteht dieser so weise wirkende alte Mann, der so viele Kriege in diesem Jahrhundert leidvill miterlebte. [Anmerkung vom Abtipper: Es müßte eigentlich *letztes* Jahrhundert heißen.] "Imperialismus gehört doch nicht mehr in unsere Epoche. Ich verstehe nicht, warum die einzige verbliebene Weltmacht sich auch noch ausweiten muß." Sagt es, und findet die Entwicklung sehr römisch. Dabei fällt ihm ein, daß die Amerikaner wohl deshalb die besten Filme über die Römer gedreht haben könnten, weil sie ihnen o ähnlich sind. Gehen Sie mal in Hollywood in eine Bank, und wollen 100 Dolar abheben. Sie werden hinausgeworfen. Verlangen Sie zwei Millionen, und Sie werden vom Direktor empfangen", sagt er amüsiert. "Man führt Sie vorbei an protzigen Kolonaden, Flaggen und Fahnen, Stuck und schlechten Portraits von früheren Direktoren, und der Chef schlägt ihnen vor, das Geshäft am Pool zu besprechn." Ustinov:"Die Idee istz doch sehr römisch."[...]
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[...]Fasziniert ist er von der weltweiten Antikriegsstimmung der Menschen, die zu Millionen auf die Straßen gehen. "Zum ersten Mal in der Geschichte", findet er, "sind die Menschen vom Instinkt her weiter als ihre Politiker." Gerade auch die Deutschen wüßten eben, wie die Russen, was Krieg bedeute. "Die menschliche Natur spürt, das Schiff hängt auf der falschen Seite. Da ist es die natürliche Reaktion, auf die andere Seite zu springen."
Manchmal müßten eben die Menschen den Politikern eben zeigen, was vernünftiger sei. Und er erinnert an Spanien zur Zeit des Faschismus, als es selbst spanischen Männern nicht erlaubt war, mit nacktem Oberkörper an den Strand zu gehen. "Und dann kamen tausende von deutschen Touristen und stürzten sich in Bikinis und Strings in die Fluten. Was sollte die Guardia Civil tun ? Sie alle erschießen ?" Klugerweise seien sie dann hinter dem Strand auf die Jagd nach Parksünden gegangen. Das war der Sieg des Tourismus über den Fascismus."
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Und dann bellt er dann doch noch zu guter Letzt - wie erstmals in dem 1957 gedrehten Film "Der Hund, der Herr Bozzi hieß". Generationen deutscher Kinder haben dieses wunderschöne Märchen vom bösen Rechtsanwalt Bozzi gesehen, der in einen grimmigen Bernhardiner verwandelt wurde und nur von einem Kind, das ihn liebt gerettet werden konnte. Seitdem bellt dieser Ustinov. "Heute für Unicef" sagt er, und freut sich über seine letzte Geschichte an diesem Tag, in dieser Umgebung. Denn weil er bei seinen Auftritten vor den Kindern nicht sprachlos bleiben wolle ("Suaheli und Thai kann ich nun einmal nicht"), belle und knurre er. "Und am Ende finde ich mich auf dem Boden wieder und acht Kinder auf meinem Rücken." Doch was noch schlimmer sei: "Nach zwei Stunden ist die Schlange derjenigen, die Aufsitzen wollen, noch immer elend lang."
When you find a big kettle of crazy, it's best not to stir it. --Dilbert cartoon
"Interplay.some zombiefied unlife thing going on there" - skavenhorde at RPGWatch