Ich mißbrauche dieses Topic jetzt einfach mal für eine Musical-Kritik:
Denn am Dienstag habe ich mir in London das Queen-Musical "We will rock you" angeschaut. Trotz teils euphorischer Kritiken in den britischen Medien und auch bei den Fans war ich sehr skeptisch. Wie soll man wohl um 31 Queen-Songs eine Story aufbauen? Und wer will diese genialen Lieder hören, wenn sie NICHT von Freddy Mercury gesungen werden?
Klare Antwort: Jeder! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/biggrin.gif" alt="" />
Wir befinden uns im Jahr 2303. Die Welt wird beherrscht von einem globalen Unternehmen unter der Leitung der bösen "Killer Queen" <img src="/ubbthreads/images/graemlins/biggrin.gif" alt="" />. Alle "handgemachte" Musik ist verboten, alle Instrumente vernichtet, es gibt nur noch "programmierte" Musik. Die Lage ist verzweifelt und hoffnungslos. Doch dann taucht jemand auf - ein junger Mann, der "Träumer", dem immer wieder teils völlig sinnlosen Sätze in den Sinn kommen ("Who are you?" - "I am the walrus!" <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />), ohne daß er wüßte, wie ihm geschieht. Doch gelangt der junge Mann - mit Namen Galileo Figaro (!) - zusammen mit der ebenfalls "Andersdenkenden" Scaramouche (!!) zu einer Rebellengruppe, die das Andenken an die Rockhelden des 20. Jahrhunderts aufrechterhält und in Galileo den "Auserwählten" sieht, der die Erinnerung an die alten Texte wieder in die Welt bringen kann ... zusammen kämpfen sie für die Rückkehr der Rockmusik!
Klingt urig, ist aber extrem lustig umgesetzt. Die Dialoge sprühen nur so vor Esprit und toller Anspielungen auf die Musik der letzten 50 Jahre (samt Seitenhieben auf Casting-Shows <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />). Zugleich auch eine Hommage an die Rockmusik. Bewegend eine Szene, in der die Rebellen all der zu früh gestorbenen Rockhelden wie Jim Morrison, Jimi Hendrix oder Kurt Cobain gedenken - und als letzter Name wird nur "Freddy" gehaucht ... gefolgt vom wunderbaren (aber ziemlich unbekannten) Post-Mercury-Song "No-one but you".
Die Queen-Songs sind sehr gut umgesetzt, teils von einzelnen (exzellenten Sängern), teils Musical-typisch von ganzen Chören. Vereinzelt sogar noch mit dem Originalgesang von Mercury vermischt. Kein Wunder, daß das alles toll klingt, waren doch die Queen-Mitglieder Brian May und Roger Taylor maßgeblich an der Umsetzung beteiligt. Auch technisch läßt sich nichts bemängeln, vor allem die Lichteffekte sind teilweise richtig spektakulär.
Absolutes Highlight unter den Darstellern/Sängern sind - wie so oft - die Bösewichte. Die Killer Queen erinnert mit ihrem Gesangsstil tatsächlich gelegentlich an Mercury, und als Commander Kashoggi brilliert Clive Carter, der u.a. auch schon den Inspektor Javert in "Les Miserables" gespielt hat - ein absolutes Qualitätsmerkmal!
Am Ende der knapp drei Stunden gab es stehende Ovationen und ich denke, keiner der Zuschauer ging enttäuscht nach Hause. Irgendwann muß ich mir das Musical auf jeden Fall nochmal ansehen, denn speziell von den frechen Sprüchen von Scaramouche habe ich leider nicht alles mitbekommen.
Aber eines habe ich auf jeden Fall aus diesem Musical gelernt: "Britney Spears died to save the world!" (das MUSS man gesehen haben, um es verstehen zu können! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/biggrin.gif" alt="" />)
9 von 10 Punkten (Abzüge für die insgesamt natürlich nicht sonderlich tiefgehende Story und ein fehlendes finales Duell zwischen Galileo und der Killer Queen).
Noch kurz zu "Les Miserables": Diesmal nicht ganz so toll wie gewohnt. Valjean begann gesanglich schwach, Javert wirkte dafür irgendwie schauspielerisch ziemlich blaß. Dafür war die Sängerin von Fantine absolut brillant und als Marius konnte Jon Lee, ehemaliges Mitglied der "Soap-Band" S Club 7, durchaus überzeugen.
Das Musical an sich bekommt immer noch 10 Punkte, diese spezielle Aufführung jedoch "nur" 8.