Schmidt happens
Diese Woche kehrt Harald Schmidt in die ARD zur�ck. Der Fernseh-Gro�verdiener kann in seiner alten und neuen �ffentlich-rechtlichen Heimat nun machen, was er will - und bekommt daf�r sehr viel Geld und Rechte einger�umt. Warum eigentlich? [...]
Mein lieber Scholli, war das ein Wehklagen, als Schmidt damals der Welt verk�nden lie�, er werde nun eine einj�hrige Kreativpause einlegen: O Gottogottogott, was sollte aus der Republik werden? Dankt die Bundesregierung ab? Schmelzen die Polkappen? Wankt die Menschheit dem Ende entgegen? Alles schien m�glich.
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Es ging dann zwar doch irgendwie weiter mit Menschheit und Republik. Aber jede Gastauftritt-Rarit�t des Heiligen Harald wurde fiebrig begleitet. Wenn Schmidt ein paar Kabarett-Abende gab: Aaah! Wenn er zu einer Kunstaktion ins K�lner Museum Ludwig kam: Oooh! Und wenn er im Berliner Ensemble br�hwarm jenen ersten brieflichen Ann�herungsversuch rezitierte, den ihm ARD-Chef Jobst Plog geschickt hatte: Iiih!
So etwas macht eigentlich selbst eine "Mediennutte" (Schmidt �ber Schmidt) nicht, wenn sie Anstand hat. Man tritt nicht dem Freier ins Gem�cht, w�hrend der noch nicht mal um den Preis feilscht. Das klingt jetzt zu flach? Dieses Niveau war h�ufiger zu beobachten.
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Am Anfang stimmten weder Quoten noch Kritiken. Schmidt gab den Dirty Harry. Aber allm�hlich wandelten sich Prolet und Perzeption. Der Entertainer spielte mit Playmobil-Figuren "Hamlet" nach. Er verteilte Reclam-Heftchen ans Publikum und lie� deutsche Klassiker vergewaltigen.
Der Minimalismus war den Fans recht und f�r Schmidt billig. Gelegentlich sa� er nur rum und schaute der teuren Sendezeit dabei zu, wie sie sinnfrei zertropfte. Solche Momente verkl�ren sich in der Erinnerung zu H�hepunkten deutscher Fernsehunterhaltung und kaschieren, dass Gott gelegentlich einfach unambitioniert wirkte.
Aber wie das mit Religionen so ist: Glaube versetzt Zwerge. Und irgendwann glaubten alle: Fangemeinde, Feuilletons und Finanziers. Auch Mediaplaner, die die Millionen-Etats der Wirtschaft kanalisieren, sind nur Menschen. Sie freuten sich, wenn Schmidt f�r sie bei gelegentlichen Sat.1-Empf�ngen oder Telemessen den Zampano machte. Ich Zuh�lter, du Mediennutte. Hohoho! Schmidts Zynismus war salonf�hig geworden und lieferte Image. Das ist letztlich unbezahlbar.
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Wer ist dieser Mann? Ein Zyniker? Ein Ausl�nderwitze-rei�ender Z�ndler? Ein Menschenfeind? Schmidts Geheimnis ist wom�glich, dass es keines gibt. Dass die Masken, Fratzen und Karikaturen, die er sich �berst�lpt, keine sind. Dass sie nur Facetten der giftigen Wahrheit zeigen. Wer glaubt schon einem B�sewicht, der dauernd sagt, er sei b�se, seine B�sartigkeit?
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Wenn Andrack Sat.1 erw�hnt, redet er nur noch vom "kommerziellen Anbieter", f�r den er einst t�tig war. Er hat die Grundprinzipien seines neuen Arbeitgebers schon inhaliert, m�chte aber die notwendige ironische Distanz beibehalten, die dann umso angestrengter wirkt.
Er und sein "Intendant" sind jetzt ARD-Gesichter. Wie Karl Moik. Wie J�rgen Fliege. Wie Reinhold Beckmann. Sie sind jetzt "Grundversorgung" wie "Musikantenstadl", "Marienhof" oder "Brisant".
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Aber diese artifizielle Selbstironie, dieses altersmilde Huahua-wir-nehmen-unsdoch-hier-selbst-nicht-ernst kann einem noch mehr auf die Nerven gehen als jede Geb�hrendebatte. Das ist keine Frage der Vorgeschichte oder der Vertragsh�he oder gar der Moral. Die wirkt nicht nur uncool, sie w�re sogar fehl am Platz, denn der Fernsehmarkt lebt wie jeder andere von Angebot und Nachfrage. Wenn jemand bereit ist, f�r 64 Halbstunden-Shows pro Jahr plus/minus acht Millionen Euro zu bezahlen, dann ist das vielleicht f�r den einen oder anderen Hartz-IV-Kandidaten schwer nachvollziehbar, aber Marktwirtschaft. Auch wenn der Pointenpreis damit locker die H�he eines Verk�uferinnen-Monatslohns �bersteigt.
Der Fall Schmidt liegt deshalb anders, weil sich da zwei Gr��en des Unterhaltungsgewerbes zusammentun, f�r die nicht einmal der Mechanismus des Marktes gilt: Schmidt wird f�r kaum nachpr�fbare Image-Effekte reich belohnt. Er ist ein Phantasiewert wie Internet-Klitschen fr�her an der B�rse. Und die ARD ist die einzige Anstalt, die das noch ausgeben will und kann, weil sie ihre Geb�hrenmilliarden trotz allen Gejammers sicher hat.
Schmidt bekommt f�r viel Geld eine sehr gro�e B�hne, auf der er dann noch mehr Geld machen kann: Seine neue Bildschirm-Pr�senz bringt Werbevertr�ge, DVD-Deals, Gast-Gagen, Merchandising-Einnahmen etc. Im Gegenzug bekommen die ARD-Oberen schon gl�cksfeuchte Augen, wenn ihr neuer Alt-Star k�nftig nach den "Tagesthemen" das Telefonbuch von Wanne-Eickel aufsagt oder ihren gro�en Apparat inklusive Korrespondentennetz abzapft.
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