Michael Roes: David Kanchelli

In näherer Zukunft wird die halbe Erde von der "Union" beherrscht, einem christlich-fundamentalistischen Gottesstaat. Präsident ist Ephraim Kanchelli, und der Roman beginnt damit, daß diesem das Todesurteil über seinen Bruder David zum unterschreiben vorgelegt wird. Dieser wurde wegen Hochverrats verurteilt, da er mit Hilfe der verfeindeten "Liga" (Afrika) einen Aufstand in den "Territorien" der Union, den Ghettos der ansonsten hochentwickelten Union, angezettelt hat.
Ephraim beginnt noch einmal die Gerichtsprotokolle zu lesen, und ab hier entwickelt sich das Buch parallel in drei Erzählsträngen, einmal der Präsident, der die Nacht über das Schicksal seines Bruders grübelt, dann die Gerichtsprotokolle, und letzlich das Tagebuch Davids, daß dieser während einer Reise durch die Liga (damals noch als Diplomat der Union), die ihn schließlich zum Aufrührer werden läßt, führte.
Ein gutes Buch, das trotz einer teilweise anspruchsvollen Schreibweise spannend ist. Erwähnenswert ist besonders, daß ein Großteil des Buches ohne Erzähler auskommt (Gerichtsprotokolle und Tagebuch). Dadurch fällt das Aufbauen einer Welt, wie es in Romanen üblich ist, weg; der Autor konzentriert sich einzig auf die Handlung und die Personen, während die Welt und deren Umstände erst nach und nach im Kopf des Lesers entstehen. Gewöhnunsbedürftig, aber interessant.

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"In jedem Winkel der Welt verborgen ein Paradies"