Malachi Martin: Windswept House
Erst mal ein bißchen was zum Hintergrund. Malachi Martin war ein Jesuit, relativ weit oben im Vatikan, Berater von Johannes XXIII, und auch danach für heikle Aufträge gefragt. Allerdings war er immer weniger mit dem neuen Kurs der Kirche nach dem 2. Vatikanum einverstanden, wurde schließlich von Paul VI auf eigenen Wunsch von seinen Ordensgelübden entbunden und verlegte sich aufs Romanschreiben. Ähnlich wie Dan Brown behaptete auch er, daß 80% des Inhalts seiner Romane wahr sein. Und mit Brown kann man ihn gewissermaßen durchaus vergleichen, nur schreibt Martin eben von der komplett anderen Seite. Bei ihm ist der Papst ohne Zweifel der Stellvertreter Christi, und die Kirche ständig unter Attacke von den Schergen Satans.
Aber zum Inhalt. Ein amerikanischer Priester kommt in die Dienste des Vatikan und entdeckt dabei eine Verschwörung, die das Ziel hat, den Papst (klar zu erkennen als JPII) abzusetzen, und durch einen mehr an die moderne Zeit angepaßten Kandidaten zu ersetzen. Und da beginnt auch schon das Problem. Satanisten, die ohne Probleme Menschenopfer darbringen, haben offensichtlich ein Problem damit, den Papst umzubringen, und denken sich deswegen allerlei Quatsch aus, um ihn zum Rücktritt zu bringen. Aha.
Der ganze Roman hat keinen klar strukturierten Plot, dafür wird die Verschwörung auf hunderten von Seiten aus allem möglichen Perspektiven ausgewalzt. Eine Unmenge an Protagonisten taumelt sich durch die Handlung. Spannung kommt keine auf, weil der Leser immer erst ellenlang aus der Perspektive der Verschörer über all ihre Machenschaften informiert wird, bevor sie dann entdeckt werden. Sehr sinnvoll. Aus den sympathischen Figuren, die es durchaus gibt, schlägt der Autor kein Kapital, sondern breitet lieber auf hunderten von Seiten elend langweilige Gespräche zwischen unsympathischen Kardinälen und EU-Kommissaren aus, die natürlich alle Freimaurer sind. Erst wenn man sich durch 400 Seiten, die hauptsächlich aus belanglosem Gelaber bestehen, hindurchgequält hat, wird er mit einem einigermaßen spannenden Finale entlohnt.
Wie viel Wahrheit, die der Autor für sich in Anspruch nahm, wirklich darin steckt, kann ich natürlich nicht beurteilen. Das einzige, was einen nachdenklich stimmt, ist, daß in diesem Buch von 1996 die systematische Verschleierung von Kindesmißbrauch in den amerikanischen Diözesen, die in den letzten Jahren ans Licht gekommen sind, en detail beschrieben werden.
Ich erinnere mich, Dan Brown mit einer "klaren Nicht-Empfehlung" bedacht zu haben. Denkt euch irgendwas aus, was ausdrückt, daß ich dieses Buch noch weit weniger empfehle.