HIMMLISCHES FEUER von Hadmar von Wieser (2. Band der "Gezeitenwelt"):
Um überhaupt etwas über das Buch schreiben zu können, sind leichte Spoiler leider unvermeidlich - allerdings sind die auch nicht größer als die Inhaltsbeschreibung auf dem Buchrücken - dennoch, ihr seid gewarnt!
Der junge Dieb Strolch hat sich in seiner tristen Heimatstadt Maganta als blinder Passagier auf ein fremdes Schiff geschmuggelt, das in das legendäre Reich Serkan Katau (das sehr an das alte China erinnert) fährt. Dummerweise wurde er erwischt und am Ziel der Reise als Sklave versteigert.
In Serkan Katau, dem "Reich der Tugend", wurde der junge Kaiser von seinem intriganten Berater überzeugt, die leibhaftigen Blauen Götter des Reiches anzugreifen, um somit Unsterblichkeit zu erlangen. Mitten in der Schlacht trifft der Meteorit auf die Gezeitenwelt und beeinflußt den Ausgang des Kampfes erheblich.
Strolch konnte mittlerweile fliehen und findet am Rande des Schlachtfeldes eine riesige Hand. Wie sich herausstellt, wurde die einem der Blauen Götter in der Schlacht abgeschlagen. Dieser sechsarmige Gott verfolgt und findet Strolch, der sich nur damit aus der Situation retten kann, daß er dem Gott verspricht, ihn um die halbe Welt zu einem Orakel zu führen, das ihm verraten kann, wie die abgeschlagene Hand wieder anwachsen kann ...
Während Bernhard Hennen im 1. Band "Der Wahrträumer" vier unterschiedliche Geschichten erzählt hat (auch wenn diese sich teilweise überschnitten haben), präsentiert Hadmar von Wieser in "Himmlisches Feuer" im Grunde genommen nur einen Handlungsstrang, der allerdings aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet wird.
Gegen Ende des Buches trifft man zudem auch auf einige Bekannte aus "Der Wahrträumer".
Schon zu DSA-Zeiten war Hadmar von Wieser berühmt-berüchtigt (und umstritten) für seinen Hang zu bombastischen Geschichten. In der "Gezeitenwelt" kann er sich diesbezüglich nach Lust und Laune austoben und das tut er auch mit sichtlicher Freude. Ich persönlich finde Bernhard Hennens Schreibstil besser und halte ihn schlicht und ergreifend für den handwerklich besseren Autor.
Allerdings sind auch von Wiesers Bücher unterhaltsam zu lesen und "Himmlisches Feuer" ist IMHO sein bislang bestes. Denn er zeigt hier, daß er bei allem Gigantismus doch nicht vergessen hat, wie mächtig auch die kleinen, unscheinbaren Dinge in einer Geschichte sind. Und so mußte ich mit einiger Überraschung feststellen, daß mich die Story von "Himmlisches Feuer" tatsächlich tiefer im Inneren berührt hat als Hennens "Der Wahrträumer".
"Himmlisches Feuer" ist nicht so raffiniert wie "Der Wahrträumer" und IMHO auch nicht so spannend. Außerdem muß ich zugeben, daß ich bei Hadmar von Wieser schon immer gelegentlich Probleme hatte, das, was er in seinen Büchern beschreibt, vor meinem inneren Auge lebendig werden zu lassen. Das kommt auch hier leider gelegentlich vor.
Zum Glück aber nicht allzu häufig und dafür ist "Himmlisches Feuer" sehr amüsant und flüssig zu lesen und erreicht, wie beschrieben, eine erstaunliche emotionale Tiefe.
Insgesamt ein unterhaltsames Lesevergnügen und eine gelungene Fortsetzung der "Gezeitenwelt". Note 2.
P.S.: Ich wollte auch noch erwähnen, daß die Bücher der "Gezeitenwelt" mit etlichen schönen Illustrationen der bekannten DSA-Zeichnerin Caryad versehen sind. Diese Wiederbelebung einer alten Buch-Tradition finde ich sehr lobenswert. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" />
Last edited by Ralf; 14/08/05 11:20 AM.