"Hieroglyphen entschlüsseln" von Bridget McDermott, area Verlag, ISBN 3-89996-714-3, neue ISBN : 978-3-89996-714-2
Ein Exzellentes Buch für den Laien, das ich sofort empfehlen würde.
Das Buch ist dabei weit weniger geheimnisvoll, wie der Titel verspricht, sondern eher sehr praktisch : Ägyptische Wörter werden mit ihren Zeichen dargestellt. Also wird die Hieroglyphenschrift alltäglicher Wörter und Redewendungen aufgezeigt.
Wie bei der Maya-Schrift, und ähnlichen Schriften (
www.ancientscripts.com) , besteht ein Wort aus mehreren Silben (Sowas gibt's auch bei uns). Jede Silbe ist quasi eine eigene Hieroglyphe für sich.
Eine Hieroglyphe hat einen Lautwert, folglich kann ein ganzes Wort aus mehreren Silben, in der Konsequenz also aus mehreren Hieroglyphen bestehen. Ein SChlußzeichen, das sogenannte "Determinativ" schließt an dem Wort an, und bezeichnet den gemeinten Gegenstand oder Sachverhalt explizit, indem er ihn zeigt. Der oder das Determinativ besteht immer aus einer Hieroglyphe, die das tatsächlich im Wort gemeinte Objekt (oder den Sachverhalt) auch tatsächlich zeigt. Der Determinativ wird nicht mitgesprochen.
Folglich gibt es für praktisch jede Sache einen eigenen Determinativ, der die Schriftsprache künstlich aufbläht. Die Anzahl der gesprochenen (Silben-)Hieroglyphen bleibt dagegen weitgehend konstant.
Wie in der Maya-Schriftsprache ist es möglich,
verschiedene Hieroglyphen miteinander zu mischen, hauptsache, am Ende erfolgt das gewünschte Resultat. Viele Wege führen nach Rom.
Das bedeutet, daß verschiedene Hieroglyphen, die aber die gleiche Aussprache haben, miteinander gemisch werden können, solange das Endprodukt immer gleich bleibt. Ein neuzeitliches Beispiel wäre, daß ich einen Mercedes und einen Golf abwechselnd benutzen kann, denn beide sind "Autos".
Das Buch enthält Bilder aus dem "alten Ägypten", und fast immer sind Hieroglyphgen mit drauf. Ein Pfeil zeigt oft auf eine Hieroglyphe und diese Hieroglyphe wird noch einmal sauber am Rand aufgezeichnet und explizit erklärt. Das finde ich sehr gut, erschwert aber den Gesamteindruck bzw. Kunstgenuß der Bilder etwas. Zum Glück sind einige davon ganz am Schluß ohne diese Pfeile nochmal nachgedruckt.
Das Buch erklärt darüberhinaus Belange des täglichen Lebens - immer wieder mit den dazu passenden Hieroglyphen darin. So werden im Text oder in eigenen Erklärungskästen Wörter ie "Feld", "Pflügen" oder "Getreidespeicher" erklärt, komplett mit deren Hieroglyphenumschrift (Hieroglyphenwörter) und deren Aussprache.
Die Wörter haben übrigens - da ägyptisch eine semitische Sprache ist - keine Umlaute aufgeschrieben. Diese werden von den Ägyptologen rekonstruiert. Wenn ich also "Tutanchamun" lese, dann enthält die Hieroglyphe seines Namens keinerlei Umlaute. Diese wurden von den Forschern mehr oder weniger "künstlich" hinzugefügt. Dabei spielt das koptische, der letzte Überrest der gesprochenen ägyptischen Sprache, eine wichtige Rolle : In der Sprache der Kopten befinden sich letzte Reste der originalen Aussprache - natürlich stark verändert, denn keine Sprache hält 3000 Jahre ohne Veränderung durch. Sollte die koptische Sprache aussterben, wäre damit auch die gesamte mehrere Tausend Jahre alte ägyptische Sprache ausgestorben. Denn das Arabische hat - wie das Englische woanders auch - viele Sprachen verdrängt.
Der einzige
wirkliche Kritikpunkt, den ich gegenüber dem Buch habe, ist zugleich auch einer, der das Buch für deutsche Leser nahezu unbrauchbar macht :
Alle Aussprachen sind in Englisch angegeben !es gibt keinerlei Hinweis darauf, und ich habe das auch nur durch die Schreibweise deuzieren können.
Da treten dann so Sätze auf wie : "Das Haus, dessen Transliteration "pr" lautet, wurde wahrscheinlich "pair" ausgesprochen".
Solche Sätze finden sich oft im Buch, aber an der Art, wie die Aussprache geschrieben ist, kann man schlußfolgern, daß die Aussprache (hier "pair") nicht mit übersetzt worden ist.
Und das dürfte bei deutschsprachigen Lesern nicht nur für Verwirrung sorgen, sondern auch leich für falsches Lernen der Aussprache !
Das ist für mich so, als würde ich ein Buch lesen, in dem beschrieben steht, wie das Wort "Mercedes" ausgesprochen werden würde - und zwar ausschließlich in Englisch ! (Und das, ohne daß ich ich diesem Beispiel wüßte, wie ein Mercedes wirklich aussieht !)
Ich empfehle das Buch trotzdem, denn es ergänzt sich hervorragend zum Buch "Heilige Zeichen" von Maria Carmela Betró vom fourier Verlag, weil "Hieroglyphen entschlüsseln" nämlich sogar eine einfache Grammatik mitbringt ! Arbeitet der Laie das Buch gewissenhaft durch (klingt jetzt schlimmer, als es tatsächlich ist), ist er oder sie in der Lage, einige der Hieroglyphen zu entziffern ! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />
Zudem finde ich es einfach cool, wie Zeichen aus Inschriften und Texten einmal herausgelöst und sauber abgeschrieben und erklärt werden. So bekommt man einen viel direkteren Eindruck davon, was die Hieroglypheninschriften denn eigentlich sagen wollen ! Der Abstand zur Sprache wird damit geringer : Man/frau lernt damit, di Hieroglyphen nicht mehr als reine "Bilderschrift" anzusehen, sondern als (damals) lebendige, niedergeschriebene Alltagssprache ! Expertiment gelungen ! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />
Ich gebe dem Buch 8-9 von 10 Punkten, wobei die Aussprache zu einer heftigen Abwertung führt. Ich hätte sonst eine glatte 10 gegeben. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />