Milos Urban: Im Dunkel der Kathedrale

Der Kunstgeschichtler Roman Rops wird von einem anonymen Brief in den Prager Veitsdom gerufen, wo sich ein übel zugerichtetes Mordopfer befindet. Passenderweise wird er sogleich von der Polizistin Klara Brockova unter Mordverdacht festgenommen. Das war aber, wie man sich denken kann, noch nicht das Ende der Vorkommnisse im Veitsdom.

Nach meiner begeisterten Rezension zu Milos Urbans "Die Rache Der Baumeister" war es wohl klar, daß ich mich sogleich auf seinen eben in Deutschland neu erschienen Roman stürzen mußte. Wie man dem Titel und der kurzen Inhaltsangabe entnehmen kann, ist auch die Thematik ähnlich, was wohl an der Politik der deutschen Verlage liegen dürfte, denn die anderen Romane Urbans haben andere Thematiken, erscheinen hierzulande aber schlicht nicht.
Das ist aber ein Teil des Problems, denn irgendwie hat man die ganze Zeit das Gefühl, das alles schon einmal gelesen zu haben, nur viel besser.
Im Dunkel der Kathedrale hat zwei Hauptpersonen, wobei beide als Ich-Erzähler gehalten sind, immer schön abwechselnd der Verdächtige und die Polizistin. Wo allerdings in "Die Rache der Baumeister" ein sympathischer Verlierer mit ausgearbeitetem Charakter und einer Entwicklung im Laufe der Geschichte die Hauptrolle spielte, staksen hier zwei holzschnittartige Gestalten durch die Handlung, denen jeder Tiefgang fehlt, und die jede Identifikation durch den Leser unmöglich machen. Roman Rops, ein eitler Geck der den ganzen Tag den Verlust seiner verschwundenen Frau mit seltsamen Ritualen begeht, und Klara Brockova, deren einziger Charakterzug darin zu bestehen scheint, daß sie aus vollkommen unerklärlichen Gründen total in ersteren verschossen ist. Anstalten, den Mordfall, mit dem sie betraut ist, aufzuklären, macht sie im ganzen Roman nicht, weswegen eine eigentlich Handlung gar nicht erst zustande kommt, und der ganze Roman mehr oder weniger eine zufällige Aneinanderreihung von Ereignissen ist, die auf die beiden Personen einstürzen.

"Im Dunkel der Kathedrale" ist schon für sich gesehen kein guter Roman, im unweigerlichen Vergleich mit "Die Rache der Baumeister" jedoch in jeder Beziehung (inhaltlich wie sprachlich) eine herbe Enttäuschung.


"In jedem Winkel der Welt verborgen ein Paradies"