SEVERANCE - EIN BLUTIGER BETRIEBSAUSFLUG:
Sieben Mitarbeiter einer britischen Waffenfirma werden zwecks Teambildung übers Wochenende nach Osteuropa geschickt. Doch nach gewissen Komplikationen landen sie nicht etwa in der versprochenen Luxushütte, sondern in einem heruntergekommenen Schuppen, in dem man u.a. alte russische Dokumente findet. So weit, so ärgerlich. Doch richtig unangenehm wird es erst, als sich herausstellt, daß das Gebäude keineswegs komplett verlassen ist ...
Die Prämisse von "Severance" klingt nach einem sehr klischeehaften B-Horror-Movie. Doch keine Angst, "Severance" ist sehr viel mehr - meiner Meinung nach sogar eine der besten Horror-Komödien aller Zeiten! Der Autor selbst bezeichnet den Film als Kreuzung aus der Büro-Satire "The Office" (auf der auch "Stromberg" basiert) und John Boormans Klassiker "Deliverance" (auf Deutsch: "Beim Sterben ist jeder der Erste" - der Untertitel-Übersetzer, das nur als Kuriosum am Rande, kennt übrigens offenbar beide Sendungen nicht und deshalb wird aus dem Satz "´The Office´ meets ´Deliverance´" in den Untertiteln "Das Büro wird erlöst" ... <img src="/ubbthreads/images/graemlins/biggrin.gif" alt="" />) und das ist eine sehr zutreffende Beschreibung.
In der ersten Hälfte der 90-minütigen Laufzeit ist "Severance" eine klassische britische Komödie mit sowohl schwarzem Humor als auch albernen Gags - nur hin und wieder durchbrochen durch horrortypische Andeutungen.
Überhaupt ist es das, was "Severance" vor allem auszeichnet: Während das Debüt des Regisseurs Christopher Smith - "Creep" mit Franka Potente - ein zwar sehr spannender, aber doch extrem klischeehafter Slasher war, hat Smith mittlerweile sehr viel gelernt: Er spielt mit den unzähligen Horrorklischees, er zelebriert sie teilweise hemmungslos, nur um sie dann immer wieder ironisch zu durchbrechen. Dazu trägt auch die außergewöhnlich gelungene Musik von Christian Henson bei, die sich meist genreunüblich zurückhält, dann aber wieder die üblichen Horror-Leitmotive so sehr übertreibt, daß es beinahe eine Karikatur ist. Einfach wunderbar! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" />
In der zweiten Hälfte geht es dann endlich so richtig zur Sache - wenngleich der Splatter-Anteil bis auf ein, zwei Szenen eigentlich gering bleibt, vieles wird nur angedeutet und findet stattdessen in der Phantasie des Zuschauers statt. In dieser Phase zahlt es sich auch aus, daß Smith diesmal auf jegliche Stars oder auch nur eindeutige Hauptdarsteller verzichtet hat. Es handelt sich um sieben gleichwertige Charaktere, gespielt von guten, aber weitgehend unbekannten Darstellern (ich kannte nur Comedy-Veteran Tim McInnerny aus "Black Adder" und "Casanova" sowie Laura Harris aus der 2. Staffel von "24").
Aber auch in dieser zweiten, eigentlich action- und horrorbetonten Filmhälfte geht der schwarze Humor keineswegs verloren, ganz im Gegenteil: Etwa 15 Minuten vor Schluß gibt es sogar (IMHO) einen der besten Gags der Filmgeschichte! Und dabei ist das nur eine von vielen wirklich lustigen Szenen. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />
Ich kann es nicht anders formulieren: Für mich ist "Severance" die perfekte Symbiose aus Horror und Komödie!
Allerdings will ich auch nicht verschweigen, daß etliche Zuschauer gerade mit dieser Mischung ihre Probleme haben: Den hartgesottenen Horrorfans ist der Splatter-Anteil viel zu niedrig (nachzulesen u.a. bei den Berichten vom letztjährigen Fantasy Filmfest), auf der anderen Seite ist der Film für "normale" Kinofans wohl doch schon wieder etwas ZU splatterig ... Dennoch kam der Film selbst bei den Kritikern gut an (der rottentomatoes-Wert liegt derzeit bei hervorragenden 80%!).
Fazit: "Severance" ist eine unglaublich unterhaltsame, zitatenreiche und zugleich innovative Horror-Komödie, die sich nicht hinter Genre-Klassikern wie den "Evil Dead"-Filmen zu verstecken braucht und die man am besten in geselliger Runde genießen sollte (was gäbe ich nicht dafür, den Film in einem vollen Kinosaal sehen zu können - leider lief er letztes Jahr beim Fantasy Filmfest so spät, daß ich anschließend keine S-Bahn mehr erreicht hätte ... *seufz*)! Achja, erwartungsgemäß ist die englische Sprachversion natürlich eindeutig vorzuziehen (es gibt deutsche Untertitel).
Und aufgrund meiner uneingeschränkten Begeisterung vergebe ich folgerichtig 10 von 10 möglichen Punkten! Jawoll. 10 Punkte. Für eine Horror-Komödie. Na und? Kreuzigt mich doch! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/devil.gif" alt="" />
Zum Bonusmaterial der 2-DVD-Special-Edition (allerdings gibt es meines Wissens in Deutschland gar keine andere Version <img src="/ubbthreads/images/graemlins/rolleyes.gif" alt="" />):
Auf der Bonus-DVD gibt es überwiegend mittelmäßiges Zusatzmaterial. Darunter befinden sich eine Handvoll Deleted Scenes, die aber eigentlich alle überflüssig sind, wenngleich ein oder zwei davon immerhin noch amüsant sind. Im Audiokommentar werden übrigens noch wesentlich mehr (und interessantere) Alternativ-Szenen erwähnt, es ist also wohl nicht unwahrscheinlich, daß es irgendwann eine "Extended Edition" des Films geben wird ...
Auch gibt es ein sehr kurzes alternatives Ende (als animiertes Storyboard), dazu ein trotz seiner Länge von gut 30 Minuten erstaunlich oberflächliches Making-Of sowie etliche weitere Features, in denen man nicht viel mehr erfährt, als daß sich einige der Darsteller bei den Dreharbeiten erstaunlich kindisch verhalten. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/badsmile2.gif" alt="" />
Zwei Highlights gibt es allerdings doch: Ein fiktives Interview mit zwei Überlebenden der Film-Ereignisse sowie ein wirklich interessantes Feature über den Dreh des Busunfalls im Film.
Was das Bonusmaterial über das Mittelmaß hinaushebt, ist jedoch der außerordentlich unterhaltsame (deutsch untertitelte) Audiokommentar! Hier haben sich Regisseur, Autor, Szenenbildner sowie etwa die Hälfte der Filmdarsteller zusammengefunden und warten mit vielen Anekdoten und Frotzeleien untereinander, aber auch informativen Details und Erklärungen über Anspielungen auf andere Filme auf.
Genau SO stelle ich mir einen Audiokommentar vor: Man merkt, daß die Beteiligten großen Spaß daran haben und der überträgt sich sofort auf den Zuschauer bzw. -hörer. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" />
Finde ich persönlich wesentlich besser als zu technik-lastige Audiokommentare, die in der Regel vor allem dann zustandekommen, wenn keine Darsteller beteiligt sind. Scheinbar braucht man die als Repräsentanten des normalen, nicht übermäßig technik-interessierten Publikums ... <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />
Insgesamt wird das Bonusmaterial dank dieses gelungenen Audiokommentars auf 7,5 Punkte angehoben.
Gekauft habe ich die DVD für 15 Euro bei Müller (bei amazon.de kostet sie derzeit 20 Euro), woraus sich in meinen Augen ein gutes bis sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis ergibt. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" />
Last edited by Ralf; 03/05/07 12:18 PM.