Sagt mal, irgendetwas läuft da in Deutschland offenbar gewaltig schief. Wie sonst ließe sich erklären, daß in den Laufwettbewerben bei Welt-/Europameisterschaften bzw. Olympia reihenweise Saisonbestzeiten oder gar persönliche Bestzeiten aufgestellt werden, während fast alle Deutschen meilenweit hinter den Erwartungen zurückbleiben?
Wenn wir uns die ersten drei Tage mal anschauen: Dieter Baumann und Sabrina Mockenhaupt (jeweils über 10000m): Aufgegeben. Claudia Marx, Ingo Schultz (beide 400m), Juliane Sprenger, Nadine Hentschke (beide 100m Hürden), und Alexander Kosenkow (100m) mit indiskutablen Leistungen vorzeitig ausgeschieden. Lediglich Claudia Gesell über 800m und die beiden 400m-Hürden-Läuferinnen Heike Meißner (Saisonbestzeit) und Stephanie Kampf (persönliche Bestleistung) konnten überzeugen. Dummerweise wurde Meißner disqualifiziert, weil sie angeblich ein Bein NEBEN einer Hürde vorbeigezogen habe (was keine Aufzeichnung belegen kann, weshalb selbstverständlich Protest gegen die Disqualifikation eingelegt wurde) und Kampf verpaßte das Finale um einige hundertsel Sekunden.
Wie gesagt: Irgendwas läuft da gewaltig schief. Vielleicht liegt es daran, daß die deutschen Läufer die gesamte Saison über versuchen müssen, die Qualifikationsnorm zu unterbieten und dann offensichtlich beim Saisonhöhepunkt außer Form sind.
Vielleicht sollte man da doch mal an das US-System denken, wo einfach die ersten drei der nationalen Meisterschaften qualifiziert sind (sofern sie die relativ niedrige IAAF-Norm erfüllt haben). Hat natürlich auch Nachteile (wenn ein Topstar nur einmal strauchelt oder krank/verletzt ist, hat er keine Chance, sich zu qualifizieren), aber auffällig ist schon, daß Länder mit diesem System (auch Kenia) gerade in den Laufdisziplinen fast immer in Topform sind, wenn es darauf ankommt.
So oder so. Etwas muß sich tun, so geht das nicht weiter.

Naja, zum Glück gibt es ja auch noch die technischen Disziplinen, so holte sich heute Annika Becker im Stabhochsprung mit hervorragenden 4,70m (Saisonbestleistung ...) überraschend die Silbermedaille hinter der mir schon immer sehr sympathischen Russin Feofanova. Yvonne Buschbaum war leider angeschlagen, dennoch ein guter 6. Platz. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/up.gif" alt="" />

Und international betrachtet gab es auch etwas Bemerkenswertes: Den (höchstwahrscheinlich) allerletzten Wettkampf eines der besten Leichtathleten aller Zeiten, der lebenden Legende (zum Glück durfte ich ihn selbst mehrfach live im Stadion erleben) Jonathan Edwards, mehrfacher Weltmeister und Olympiasieger im Dreisprung. Leider durch eine beim Meeting in London zugezogene Verletzung ebenfalls gehandicapt und damit nur auf Platz 12. Davon abgesehen: Vielen Dank für eine großartige Karriere eines großartigens Sportlers und vor allem Sportsmannes. Immer fair, immer sympathisch, immer professionell. Wir werden dich vermissen, Jonathan ...

P.S.: So ein niedriges Niveau hatte ein 100m-Endlauf der Herren auch schon lange nicht mehr. Dafür umso spannender: Die ersten vier zwischen 10,06 und 10,08 Sekunden, der letzte noch mit einer 10,21. Soll man lachen oder weinen ... <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />