Groß ist die Halle der Hirten.
Groß, aber schmucklos, nur das prächtige Mosaik auf dem Boden zeugt von der Macht der hier zurate sitzenden. Es zeigt das Wappen der Hüter, das neue auf dem die Hand über der Stadt schwebt.
Auch das einzige Fenster ist neu, nachträglich heraus gebrochen passt es nicht zu dem Raum, der so sehr von der Höhe und der dunklen Weite lebt.
Wer heraussieht blickt unwillkürlich auf den Prälaten Palast, der auf der anderen Stadtseite auf seinem künstlichem Hügel thront.
Einst gab es keinen Prälaten, und in der großen Halle wurde keine Regierungsarbeit geleistet.
Nur die eigenen, internen Angelegenheiten wurden hier abgehandelt.
Heute wurde das gesamte Staatsgebilde hier geführt. Wenn der hohe Rat tagte wurden alle wichtigen Dinge, die der Prälat nicht alleine entscheiden durfte geklärt.
Auch an diesem Fenster genoss der Prälat den Blick über die Stadt, wieder wartete er.
Aber diesmal mochte der Tag nicht so angenehm verlaufen, der Rat hatte ihn hierher bestellt.
Ihn hierher bestellt, wie einen Bettler, einen Hund ... aber noch musste er sich zurückhalten.
Er wusste das seine Macht noch nicht so gefestigt war, auch wenn so mancher Hirte überrascht sein mag, wie Loyal seine nächsten Untergebenen wirklich sind.
Aber Anthrer wusste bescheid, Geld und die Aussicht auf macht, damit konnte man Sie alle kaufen. Aber noch gab es Widerstand, außerdem waren die Hirten alles andere als Narren. Sie kannten seine Machtgier nur zu gut, zu früh und zu schnell war sein Aufsteig verlaufen als das die Hirten nicht gemerkt hätten was für eine Laus sie sich in den Pelz gesetzt hatten.
Aber dennoch hatte er es verstanden seine Macht zu festigen, seine Erfahrung half ihm Groß Furtheim gut zu führen und seine wahren Ambitionen geschickt zu verschleiern.
Früher oder später allerdings musste der Rat der Hirten fallen.
Aber nicht Heute, noch war er nicht in der Lage den gesamten Rat auf einen Schlag auszuschalten, und der dann anstehende Bruderkampf könnte durchaus die gesamte Macht der Hüter zerstören, und damit auch seine.
Nein, er musste geduldig sein, schlieslich hatte erst seine Ungeduld dazu geführt das er jetzt hier stehen musste und diesen Narren rede und Antwort stehen musste.
Draußen erschallten die Fanfaren die den Hirtenrat ankündigten. Von seinem Platz konnte er gut die Prozession beobachten.

Die Stadt war in fünf große Stadtteile aufgeteilt, nicht durch eine tatsächliche Trennung der verschiedenen Aufgabenbereiche, das Hafengebiet zog sich zum Beispiel über drei der Stadtteile hinweg, sondern durch fünf große Hauptstrassen. Von denen drei den Fluss querten, und in diesem Bereich große Brücken hatten. Die Brücken waren groß und hoch genug das auch große Schiffe unter ihnen durchgezogen werden konnten. Die Masten mussten dazu allerdings umgelegt werden. Auch war die ursprüngliche Namens gebende Furt schon lange zu einer Fahrtrinne ausgegraben worden. Die Tatsache das die Stadt dadurch den gesamten Flussverkehr kontrollieren konnte und entsprechende Zölle erheben konnte sicherte den Wohlstand der Stadt.
Auf jeder dieser Hauptstrassen marschierten je zwei Hirten der Ratshalle entgegen, gefolgt von je einer Hundert Mann starken, schwerbewaffneten Eskorte. Vor den Hirten gingen jeweils ein Magier, der den Weg auf fallen zu untersuchen hatte. Die Prachtstrassen waren wie immer zu solchen anlässsen voll von jubelden Menschenmassen, wer weis was es bedeuten könnte nicht zu jubeln?
Wie immer trafen die verschiedenen Prozessionen zeitgleich auf dem großen Platz der Urteile an. Das große Gerüst, in dem die verschiedenen Todesstrafen vollstreckt wurden zeugte von dem Grund der Namensgebung. Eigentlich war es egal was man Verbrochen hatte, am ende stand meistens die Todesstrafe. Nur der Grad der vorherigen Qualen lies einen Unterschied in der Schuldzumessung erkennen.
Der Platz war kreisrund, am südlichen Ende die große Ratshalle, dann in der Mitte des Platzes trafen zwei der Hauptstrassen in einem einhundertachtzig Grad großem Winkel, von Westen und Osten her, aufeinander.
Eine weitere Straße führte direkt von dem Prälaten Palast im Norden, in einem neunzig Grad Winkel zu den beiden ersten. Und die letzten beiden führten in einem jeweils fünfundvierzig grad betragendem Winkel nach Nordwest und Nordost.
Der Fluss kam vom Norden bog dann nach Osten ab, lief dann unter der nach Nordwesten führenden Brücke direkt weiter nach Osten und querte so noch die von Norden und die von Nordost kommende Straßen.
Jetzt trafen sich die Hirten in der Mitte des Platzes und gingen gemeinsam auf das Ratsgebäude zu. Die Hundertschaften teilten sich jetzt auf, der größte Teil nahm an den, den Platz begrenzenden Hauswänden Stellung und umzingelten ihn so mit einer zweier reihe.
Die restlichen, genau Hundertfünfzig Mann folgten den Hirten beim Einzug in das Gebäude und schirmten es dann ab.
Das Gebäude war sehr groß, hatte aber eigentlich nur einen Raum die Halle. So hoch wie drei Stockwerke und kreisrund im Durchmesser bestimmt nicht weniger als fünfundzwanzig Meter, war es so schwer zu Heizen das man von außen in die Katakomben gelangen konnte. Hier wurde die Ratshalle im Winter mit großen, Wasser erhitzenden Feuern geheizt. Der Rauch wurde über ein weiter führendes Kamin System entsorgt. Das Wasser wurde durch ein Schaufel und Räderwerk unter dem Gebäude in einen Kreislauf geleitet.
Die Hirten erreichten in diesem Moment den großen Tisch in der Ratshalle, jeder hatte seinen festen Platz. Das Protokoll verlangte das der Prälat solange stand bis alle Ratsmitglieder saßen, und Anthrer war nicht so unklug den Rat zusätzlich zu verärgern.
Als er schlieslich sich setzen kann, donnert Havel ihn an.
„Warum, warum habt Ihr Ferrwar getötet, und noch dazu ohne unsere Zustimmung, die wir euch bestimmt nicht gegeben hätten, zu erfragen. Ferrwar war der Stadt und dem Rat immer Loyal gewesen. Und warum schickt ihr fünfzig unserer Hüter in die Wildnis, schlecht ausgerüstet und ohne Vorbereitung.“
Noch bevor Anthrer antworten kann geht es so weiter, „Bloodwin kam von seiner Erkundung zurück, seine Gruppe wurde fast ausgelöscht, ihr Anführer starb bei einem Angriff eines Wesens das uns gänzlich unbekannt ist. Eine Gruppe von fünf Mann, selbst für einen anständigen Wachdienst ist so eine Gruppe zu klein.“
Als Havel schwieg, der rest des Rates sah sich betreten an, immerhin war Anthrer der Prälat, konnte Anthrer endlich etwas erwidern.
„Ferrwar hat die Stadt verraten, fragt Dralfens er war dabei als ich Ferrwar verhörte, und die Männer musste ich ausschicken um Stone zu fangen. Dieser wurde von Ferrwar ausgesand um der Stadt weiteren schaden zuzufügen. Er soll Geheimnisse der Stadt nach Rechem bringen.
Ich konnte Ferrwar nicht Leben lassen, bedenkt er war ein mächtige Zauberer. Es war ein Glück das ich ihn überhaupt überwältigen konnte. Wenn ich länger gezögert hätte, hätte er sich sicherlich befreit und was dann geschehen wäre, daran wage ich nicht zu Denken.“
Mit Zornesrotem Gesicht stand Havel auf, „ja euren Dralfens,“ er spuckte den Namen förmlich aus, „den haben wir schon befragt, er bestätigt eure Angaben. Aber wir können es nicht glauben, Ferrwar und Stone, ich kannte den jungen noch nicht habe mich aber erkundigt, beide waren immer Loyal. Besonders Stone wurde von seinen Vorgesetzten als eifrig und pflichtbewusst beschrieben. Und Ferrwar, Ferrwar war ein mächtiger und weiser Magier, der immer alles für die Stadt getan hat. Auch bei den Verhandlungen mit unseren Nachbarn hat Ferrwar immer höchstes vertrauen genossen. Ihr habt uns großen Schaden zugefügt Anthrer.“
Mehrere Ratsmitglider schüttelten den Kopf, den Prälaten so anzugehen. Nur noch Bertram nickte Zustimmend mit dem Kopf. Havel war schlieslich der Ratsälteste und wenn es jemandem zustand den Prälat zu maßregeln dann ihm.
Jetzt war es an Anthrer aus der Haut zu fahren, „ja, Ferrwar war immer der höchst willkommen gewesen, und warum haben ihn die anderen Städte immer so bereitwillig begrüßt? Weil er uns verraten hat, unsere Geheimnisse, unsere Taktiken. Und sein Sohn Stone, der war immer so willig weil er seinem Vater so am besten helfen konnte. Er hat es gestanden, alle seine verräterischen Machenschaften, oder wollt ihr mich einen lügner nennen.“
Anthrer ging langsam auf und ab, „Ihr habt mich gewählt“, und im sicheren Wissen wie eine Erneute Wahl ausgehen würde, „wenn ihr jetzt an mir zweifelt so stimmt erneut ab, oder Akzeptiert meine Handlungen. Havel, ich stehe nicht gegen euch, auch ich diene der Stadt“

Havel, der genau weis was er von Anthrer zu halten hat schweigt. Nur zu gut weis er das es kein anderes Ergebnis geben wird. Die anderen Räte trauen sich nicht gegen Anthrers Machenschaften zu Protestieren. Langsam und müde setzt er sich auf seinen Stuhl, er kann nur noch das umsetzen was er schon vorher den anderen Räten abgerungen hatte.
„Wir haben beschlossen das alle unsere Hüter zurück zurufen sind. Erst wenn Sie angemessen Ausgerüstet und Vorbereitet sind könnt Ihr sie auf die suche nach dem Verräter Stone schicken. Und es muß gewährleistet sein das Stone die gefangennahme überlebt, es muß einen Prozess geben. Es wird unseren Männern ja wohl möglich sein einen einzelnen Mann lebend festzunehmen. Denkt daran wenn ihr die Männer erneut ausschickt, ihr habt vielleicht die Macht eines Königs, aber ihr seid keiner.“
Einen Gedanken hat er noch bevor die Sitzung sich den Tagesgeschäften widmet.
„Verzeiht mir Ferrwar, das ist alles was ich für euren Sohn tun kann“
Anthrers Gedanken gehen in eine andere Richtung, „wenn der Rat schon so uneins ist das sie sich nicht trauen abzustimmen, dann kann ich wohl früher zuschlagen als ich dachte. Und dann werden wir sehen ob ihr Havel mich als König anerkennt“ Aber diesen Gedanken schiebt er noch von sich, der Tag ist doch besser als er zu hoffen gewagt hatte. An diese lächerliche Rüge denkt er schon nicht mehr, nein seine Gedanken sind schon bei einem Plan Havel lebend zu bekommen.


Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile(Aristoteles)
Aber wenn man das einzelne nicht mehr beachtet, hat das ganze keinen Sinn mehr (Stone)