Alrik ist über diese Entwicklung gar nicht begeistert. Ein Fluch auf ihm selbst - das paßt ihm gar nicht. Und jetzt auch noch womöglich eine Trennung der Gruppe ? Hm ...
Nur in der Gruppe kann man in der Wildnis überlegen, davon ist Alrik überzeugt. egal, ob diese Wildnis nun aus einer Höhle oder einem Gebirge besteht. Man muß die Kräfte bündeln, nur dann hat man gegen Widersacher und Wildtiere eine Chance. Ein Verlust an Gruppenmitgliedern bedeutet auch gleichzeitig ein Verlust an Kampfkraft, zumal nicht sicher ist, was sie in jenem seltsamen Tempel erwartet.
Er entscheidet sich, es auf diplomatischem Wege zu versuchen. Er besinnt sich seiner Talente als Diplomat, aus einer Zeit, in der er Botengänge für Adlige machte. Er benutzt das, was er "Diplomatensprache" nennt. Und hofft, daß die anderen davon nicht vor Müdigkeit umfallen werden, weil er genau weiß, wie langatmig und pathetisch sie ist. Adlige mögen das so.
"Herr Xanlosch", beginnt er, den anscheinenden Zwergenanführer anzusprechen, "wir sind jetzt, so, wie wir hier lagern, eine Gruppe. So, wie es aussieht, werden wir uns womöglich in zwei trennen.
Wie ihr wissen müßtet, bedeutet die Aufspaltung einer Gruppe auch Aufspaltung der Kräfte. Das ist schlecht, sowohl für uns, als auch für euch. Denn wir haben momentan ein Primärziel : Überleben. Tot können wir unsere weiteren Aufträge nicht erfüllen.
Aber um überleben zu können, brauchen wir eine schlagkräftige Gruppe. Ich meine damit eine Gruppe, die sich Widersachern zur Wehr setzen kann. Wir brauchen viele verschiedenen Talente in einer Gruppe, um überleben zu können. Was meint ihr wohl, warum Waldläufer es schaffen, in der Wildnis so zu überleben ? Weil sie Generalisten sind, weil sie möglichst viele Talente oder doch zumindest Handgriffe in einer Person vereinigen. Ein Waldläufer muß zur gleichen Zeit Späher, Jäger, Koch, Fallensteller (falls nötig), Handwerker (bei Waffenreparatur) und noch einiges mehr sein. Ein Alleskönner, sozusagen. Das ist es auch, was das Leben in der Wildnis so schwer macht.
Ich stehe ganz am Anfang dieser Kunst, denn ich habe Gefallen am Leben in der Wildnis gefunden, und das, obwohl ich ein kleines Haus in einer kleinen Stadt besitze. aber ich habe bereits gelernt, worauf es ankommt.
Jeder von uns - egal ob eure Gruppe oder unsere Gruppe, benötigt solche Talente - und Schlagkraft. Ihr benötigt diese, weil ihr nicht wißt, was sich in der Tiefe verbirgt, wir benötigen sie, weil wir nicht wissen, was uns an oder in jenem Tempel erwartet. Spaltung in zwei Gruppen macht uns verwundbar. Euch und uns.
Ich habe daher einen anderen Vorschlag. Warum kommt ihr nicht mit uns ? Wir können das Talent der Zwerge als fähige Kämpfer gut gebrauchen, und die Kenntnis der Steinverarbeitung vielleicht auch, denn jener Tempel wird bestimmt nicht aus Holz gebaut sein.
Ihr sagtet, daß es nur noch wenige dieser Erzadern gibt, und das sie nicht leicht zu finden sind.
Das Erz läuft euch nicht davon ! Es ist immernoch im Stein eingeschlossen, und wird es dort auch noch für ein paar Tausend Jahre bleiben, es sei denn, Erdbeben verschütten es, oder jemand anders baut es ab.
Und habt ihr nicht erzählt, nur die Zwerge kennen den Ort dieser zwei Erdadern ? Oder irre ich mich da ?
Wenn dem aber so ist, dann braucht ihr nicht zu fürchten, daß jemand anders sie abbaut - wenn nur die Zwerge sie kennen. Jene Trolle können wohl kaum etwas mit ihnen anfangen.
Ich will gleichwohl nicht verschweigen, daß es hier noch ein paar Probleme gibt.
Erstens : Das "andere", was dort vielleicht im Herzen der Erde rumort". Alrik hätte sich am liebsten getreten für diese Formulierung, die von Pathos nur so trieft. Aber ihm fiel nichts besseres ein.
"Zweitens," fährt er fort, "könnten es vielleicht andere Zwerge sein, die wegen jener Erzadern gekommen sind. Ich habe keine Ahnung, wieviele von euch davon wissen, und was es für Wege dort hin gibt.
Drittens wissen wir nicht, was aus euren Gruppenmitgliedern geworden ist. Da wir aber nichts von ihnen hörten, wie Ihr sagt, befürchte ich aber das Schlimmste.
Mein Vorschlag wäre dieser : Ihr schließt euch unserer Gruppe an, und auf dem Rückweg kommen wir hier wieder vorbei und kümmern uns gemeinsam um euer Problem (voerausgesetzt, die anderen von uns sind damit einverstanden).
Es bliebe aber immer noch das Problem und die Unsicherheit, was aus euren Kameraden geworden ist."
Alrik muß erst mal tiieef Luft holen. Diese Reden sind ungewohnt für ihn. Immernoch sitzend, schaut er Xanlosch erwartungsvoll an.