"Ich kann den Regen spüren" schießt es Alrik durch den Kopf.
Er kommt wieder zu sich. Mechanisch hatte er den Weg bewandert, einen Fuß vor den anderen gesetzt, die Beine von seinem Unterbewußtsein bewegen lassen - wenn man lange Strecken vor sich hat, ist dies die richtige Methode, zu reisen.
Komischerweise wird dabei der Kopf frei : Wenn sich das Bewußtsein nicht mehr auf eine Aufgabe konzentrieren braucht, dann sucht es sich ganz natürlich neue Aufgaben.
Zumindest mit Alrik ist es so : Monotone Bewegungen regen zum Nachdenken an.
Warum Alrik dann immer in einen Dämmerzustand der Meditation verfällt, weiß er selbst nicht. Aber er hat es oft genug erlebt.
Die Schlucht ist nicht einfach zu passieren, aber ein Wanderer lernt irgendwann, bestimmte Aufgasben an sein Unterbewußtsein zu delegieren - monotone Aufgabe, wie das Bewegen der Beine, zum Beispiel, oder das Atmen. Da der Streuner nun schon etwas Training darin hat, geht es ihm ganz leicht "von der Hand".
Und es macht den Kopf frei für andere Sinneswahrnehmungen. Nicht mehr die Steine oder das Wasser sind wichtig, sondern die Schlucht ringsherum. Wenn man die Wände spüren kann, weiß man auch, wie weit man gehen kann.
Er horcht auf die Geräusche, das rauschen des Wassers, das seltene Zwitschern der Vögel hoch über der Schlucht.
Er spürt den Felsen, die Gesteine, die Brocken, auf denen er seine Füße setzt, das Wasser, wie es an der Truppe vorbeifließt ...
Er nimmt den Lufthauch wahr, den Wind, wie er durch die Schlucht streicht, die Luftveränderung - und stellt plötzlich fest, daß es kühler wird.
Es wird kühler - was bedeutet, daß sich eine Wolkenfront oder gar ein Gewitter nähert. Wie so oft. Reine Erfahrung.
"Ich kann den Regen spüren ..." geht es ihm wieder durch den Kopf ... und er weiß, daß er damit richtig liegt. Etwas klingt in seinem Kopf wie das Lachen eines alten Schamanen.
Irritiert schüttelt Alrik den Kopf, aber er weiß es : Regen nähert sich.
Er geht los, die anderen zu warnen ...