"Endlich", denkt Glance. Als der Reisende und Stone Rashida hinter den Felsen gebracht hatten und Lu Ser für ein Minimum an Wärme gesorgt hat, war die Anspannung in ihm etwas gewichen. Er kauert inmitten der Anderen am Felsen und dreht gedankenverloren seinen Stab zwischen den Fingern. Mit einem Ohr lauscht er in den Sturm, doch noch tobt dieser unvermindert.
"Oh Silph - Göttin der Winde - warum zürnst Du so", grübelt er. Er glaubt nicht, dass das Unwetter zu diesem Zeitpunkt ohne Bedeutung für ihr Schicksal ist. Das Unwetter hat einerseits verhindert, dass sie die westliche Schlucht, den wahrscheinlich kürzesten Weg zum Tempel, eingeschlagen haben; andererseits dürfte die Schlucht hinter ihnen im Moment und für eine Weile für Verfolger unpassierbar sein. Ist das Unwetter also Segen oder Fluch? Oder sind sie ein Spielball konfliktierender Mächte, und beide Seiten haben ein Teilziel erreicht?
Zurückgehen dürfte sinnlos sein, überlegt er, also können sie nur versuchen den Berg zu ihrer Linken in einem Bogen zu umgehen, und sich dem Tempel von Osten nähern. Aber das gefällt ihm nicht - die Brecher erstrecken sich grob in West/Ost Richtung, und im Osten, an der Küste, sind die grösseren Städte. Wenn es einen Weg von dort zum Tempel gibt, oder gab, dann verläuft er wahrscheinlich durch eines der Quertäler. Und das wäre genau der Punkt an dem man eine Annäherung erwarten würde.
Wieder und wieder dreht er seinen Stab. Ursprünglich gefertigt von Meistern dreier Rassen, möglicherweise basierend auf dem Wissen weiterer noch älterer, nennen die Elfen ihn Tilúvemaegsil - Spitze des alles durchdringenden Lichts, die Zwerge sagen Fuiínris - Spalter der Finsternis, und bei den Menschen heisst er Belekir - mächtiger Spalter. Jede Rasse hatte andere Vermutungen in ihren Sagen über sein Aussehen, nachdem das Artefakt verloren war, jede nach ihren Vorstellungen - Speer, Axt oder Schwert. Er betrachtet das Artefakt, das nun in seinen Händen liegt. Er würde es als Hellebarde bezeichnen - eine Mischung aus Speer und Axt, mit der Reichweite eines zweihändigen Schwertes, wie auch er selbst eine Mischung der Rassen ist. Er hat einiges, theoretisches, Wissen mitbekommen von seinen Lehrern - aber es ist unvollkommen; Vieles ist verschollen, Manches womöglich falsch interpretiert. Glance ist sich bewußt, dass wenn, und falls, die in dem Stab schlummernden Mächte geweckt werden, dies ihn verändern wird - und er hat Angst vor dieser Veränderung, die er nicht erahnen oder abschätzen kann - grosse Angst.
Lu Sers Frage lässt ihn hochschrecken! "Ja, ein heisser Tee wäre jetzt wirklich gut!", sagt er, und kramt einen kleinen Topf und seinen Kräuterbeutel aus seinem Rucksack. Er füllt den Topf mit ein paar Handvoll Hagelkörnern, die an einer Felskante zusammengeweht wurden, und reicht den Topf an Lu Ser weiter.
"Hier Lu Ser", fordert er den Drachen auf, "bring das Wasser zum sieden".