Sehnsüchtig blickt Lu dem großen Silberdrachen hinterher, obwohl dieser schon längst mit der Dunkelheit verschmolzen ist. Er hatte doch noch so viele Fragen! So viele Dinge waren ungeklärt geblieben!

Der kleine Drache fühlt sich ein wenig verlassen, so alleine wie er nun wieder dasitzt. Aber er spürt einen deutlichen Unterschied. Nicht mehr Verzweiflung und Resignation bestimmen seine Gefühlswelt, sondern Stolz und Neugierde. Dieses Wesen hatte ihn »kleiner Bruder« genannt. Bei der Erinnerung daran stellen sich Lu alle Schuppen auf, »kleiner Bruder«! Ein Teil von ihm, und sei es nur ein winzig kleiner, war wie der Silberdrache! Prüfend blickt Lu an sich herab. Dieser Teil muss vergrößert werden!

"Sei ein Drache!" - Genau dies hatte die Drachenstimme in seinem Traum zu Beginn dieser Reise auch gesagt. In seinem Traum war ihm dies gelungen. Sei ein Drache? "Ich bin ein Drache!", sagt Lu leise, dann etwas lauter, um es zuletzt fast zu schreien.

Mit einer Zuversicht, die Lu selbst verblüfft, nähert er sich den Kraftfäden auf der den Gefährten zugewandten Seite seines Gefängnisses. Wie schön die Fäden sind, wie vertraut - und wie ... Nein! Lu bemüht sich, die letzten Reste Zweifel aus seinem Herzen zu verbannen. Er beschwört die Bilder seines Traumes herauf, die Macht seiner Verteidigung, dieses Gefühl der Stärke und Überlegenheit. Gleichzeitig denkt er an den Silberdrachen, seine Weisheit, seine Güte, Bruder!

Wie im Rausch, aber dennoch völlig klar schreitet Lu auf die Kraftfäden zu. Ein stilles Lächeln liegt auf seinen Zügen. Selbstverständlich werden die Fäden ihn durchlassen. Schließlich sind sie er, ist er sie, wo begannen und wo endeten sie er es überhaupt?