Völlig unspektakulär dringt LuSer in die Kraftfäden ein. Er spürt weder einen Widerstand, noch irgendeine sonstige Regung, als er mitten durch sie hindurchfliegt. Nichteinmal ein Kribbeln macht sich bemerkbar.

Fast ein wenig enttäuscht, aber noch immer im Hochgefühl seines Daseins als Drachen, dreht sich Lu herum. Die Fäden liegen hinter ihm, und wie schon zuvor bei dem großen silbernen Drachen zeigen sie auch jetzt kein einziges Zittern oder gar eine Beschädigung. Er wirft einen schnellen Blick auf seine Gefährten, und für einen winzigen Moment fühlt er Zweifel in sich aufsteigen – doch seine Freunde stehen noch immer regungslos an ihren Positionen, und Lu weiß, dass ihnen nichts widerfahren ist. Der kleine Drache blickt erneut zurück auf die zahllosen Fäden, die noch immer ein feines, undurchdringbar wirkendes Netz bilden. Langsam, ganz still zuerst, schleicht sich eine Ahnung in den kleinen Drachen, dass er die Fäden nicht nur mit seinen metaphysischen Augen sehen muss, sondern mit seinem inneren Selbst – und in dem Augenblick, in dem er sich dessen bewusst wird, verändern die Fäden ihre Gestalt und ihre Lage, und plötzlich sieht er sein eigenes Ich, einen gewaltigen Dachen, fast ebenso majestätisch und erhaben wie der Alte Silberne, größer und mächtiger als alle seine Verwandten, ja als jedes andere Mitglied seines Rudels. Es ist nur ein geisterhaftes Abbild, nicht mehr als eine metaphysische Manifestation, doch zugleich ist es ein Spiegelbild LuSers. Ein Spiegelbild, das vielleicht seine Zukunft zeigt, oder auch sein innerstes Selbst.

Dann explodieren die Fäden lautlos in Myriaden winziger Sterne, hüllen den fassungslosen und überaus beeindruckten jungen Drachen ein, liebkosen ihn und streichen sanft über seine Schuppen. Angenehme Schläfrigkeit befällt Lu, und kurz bevor er in eine traumlose Bewusstlosigkeit hinüberdämmert, kann er eine unendlich wohlklingende Stimme hören:

"Der tiefe Sturz in den bodenlosen Schatten führt zur Selbsterkenntnis!"