Der Ruf Stones und die fast hysterisch gekreischten Worte des Priesters dringen leise durch die Konzentration des kleinen Drachens bis sie endlich Lus Bewusstsein erreichen. Mit einem Schlag realisiert er seine Umgebung. Die Armbänder! Angst breitet sich in Lu aus. Wie ein schweres Gewicht will er den Zauber fallen lassen, besinnt sich jedoch gerade noch, die Schwere zumindest geringfügig verzögernd aufzuheben.
Schnell greift er mit entsetzt aufgerissenen Augen nach Bodasens Hand. Der Armreif umklammert das Handgelenk des Magiers so verbissen wie ein Zwerg seine letzte Goldmünze.
"Ich muss das Armband einfach nur abstreifen. Meine Magie ist stärker. Ich muss nur selbst daran glauben", versucht der kleinen Drachen sich selbst zu überzeugen. Wenn er nur nicht so schrecklich müde wäre!
Langsam schiebt Lu beide Pfoten den Unterarm des Magiers entlang auf das Armband zu. Er kann das dichte Kraftfäden-Wirrwarr des Armbandes nun deutlich erkennen. Ein Prickeln durchläuft seine Tatzen, als er die Fäden berührt. Die Erschöpfung verschwindet und macht dem Hochgefühl Platz, das er am Ende seiner Prüfung verspürt hatte. Ja, wenn er genau hinfühlt, scheinen die Fäden ihn zu liebkosen, sich an ihn zu schmiegen, mit ihm spielen zu wollen. Lu weitet das Armband - ist es noch das Armband? - so weit, dass er beide Arme hindurch strecken kann.
Von Lu unbemerkt fällt der Arm des Magiers kraftlos auf den Boden. Das zweite Armband rutscht wie von unsichtbarer Hand geöffnet ebenfalls auf den kleinen Drachen zu und umschlingt diesen.
Dieses Licht! Welche Macht, welche Kraft, welche Schönheit! Lu vermeint eine leise Stimme zu hören, die ihm verlockend ankündigt, dass all diese Macht ihm ganz allein gehören könnte, verließe er nur endlich diesen hinderlichen Körper. So klein, so schwach. Wozu braucht er diesen Körper überhaupt? Hatte ihn nicht der Silberdrache gelehrt, dass es auf den Geist ankam?