Alrik beobachtet aufmerksam die Umgebung. Sie ist so ... ungewöhnlich, daß er sie nicht in Worte fassen kann. So etwas hat er noch nie gesehen.

Während er noch um Worte nachsinnt, die vielleicht in der Lage wären, diese ... "Halle" zu beschreiben, bekommt er plötzlich einen Rippenstoß von Glance. "Ihr habt Glück - ihr braucht nicht zu wählen; es bleibt nur noch eine Wand für euch !" sagt dieser zu ihm.

Jetzt erst fällt Alrik auf, daß fast jeder in einer Art Nische steht, vor einem Wandteppich. Glance schreitet gerade auf seinen Platz zu.

Jeder - außer Alrik selbst. Das beunruhigt ihn.

Er fühlt sich ausgestoßen, obwohl das nicht stimmt. Wenn alle Plätze verteilt sind, bleibt immer einer übrig, das ist er, huscht ein Gedanke durch seinen Kopf. Er muß sich zwingen, anzuerkennen, daß das so nicht stimmt. Er war aus eigenem Antrieb - aus Bestimmung ? Vorhersehung ? - hierher gekommen, als einer von einer Gruppe von Gefährten, die etwas zu erledigen hatten.

"Zu erledigen haben ..." das stimmt ja so auch nicht ganz. Ihn zum Beispiel hatte ja ursprünglch nur eine vergleichseweise simple Schatzsuche hierher geführt ... angetrieben von einer alten Karte, die sich nun als ein Teil von vielen entpuppt hatte.

Die Schatzsuche - sofern sie denn überhaupt je eine war - war nun zu Ende. Sie waren nun am Ziel ihrer Aufgabe. Und was kam dann ...? Waren sie jetzt dazu auserkoren oder verdammt, für alle Zeiten Wächter hier zu spielen, nur, weil irgendeine göttliche Vorhersehung das von ihnen erwartete ? Wie würden sie dann alles überleben können - ohne Essen, ohne Trinken ? Würden sie dann genauso unsterblich werden wie die katzenartige Wächterin, die sie so freundlich, fast liebevoll begrüßt hatte ? Die dann gegangen war weil ... weil sie annahm, daß mit ihnen hier die Wachablösung käme ?

Alrik ist völlig verwirrt. Tränen füllen seine Augen. Er schüttelt den Kopf.

Als er wieder klaren Blick bekommt, fällt sein Blick auf einen Wandteppich, den letzten, der noch frei ist. Und er erkennt etwas.

Seine Gedanken sind wie von einem frischen Sturmwind hinweggefegt, als er erkennt, was er da sieht : Eine Gestalt, tiefgrün und braun in einer Art weiten Mantel oder einer Art Kutte gekleidet, in den Farben des Waldes, hockend, nein, niederknieend auf einer Waldlichtung. Zu seinen Füßen liegt ein Tier, das verletzt ist. Die Gestalt kniet sich nieder und ... das ist nicht ganz einfach zu erkennen, die Details sind zu klein. Alrik geht zögerlich, wie gebannt von diesem Schauspiel, das sich da vor ihm auf dem Wandbehang bietet, zu, näher, vorsichtig, mit leisen Schritten.

Die Gestalt ist unter dem Überwurf nicht zu erkennen, lediglich ihre Taten. Sie fasst mit der einen Hand nachdem Tier, wärend es mit der anderen ein Blatt hält ... dieses Blatt sieht aber anders aus, als gewöhnliche Blätter. Woher kennt er dieses Blatt bloß ... Dann fällt es ihm ein. Dieses breite, weit ausladene, geschwungene Blatt wird als Heilkraut verwendet, und in der Regel auf Wunden gebunden, wo es seine Heilwirkung wirken läßt. Ein altes Hausmittel, hatte ihm einmal das Einhorn erklärt. Man kann es auch essen, wenn es sein muß.

Nun wird Alrik einiges klar. Die Gestalt auf dem Bild ist ein Heiler, einer, der sich um die Wildnis kümmert, einer, der sich um den Wald kümmert, um dort zu heilen, wo Menschen nicht hinkommen. Was das möglicherweise zu bedeuten hat, kann er nur erahnen.

Als Alrik den Kopf leicht dreht, um den Blickwinkel zu verändern, fällt ihm noch etwas auf : Neben der Gestalt blinkt etwas. Als er das Gesicht näher an das Bild schiebt, erkennt Alrik, daß es sich dabei um einen bunten Stein handelt. Ob der Stein zum Bild gehört, ob er nur so zufällig auf der Waldlichtung liegt, ist ihm egal. Er kann im Moment sowieso keinen Sinn darin finden, da er sowieso mehrere dieser kleinen Steine wie kleine Kiesel auf dieser Lichtung sieht.

Alrik tritt einen, zwei, drei Schritte zurück, um die ganze Szenerie in seiner ganzen Größe zu erfassen. Ihm fallen nun weitere Details auf, die er aus der Nähe nicht sehen konnte, zum Beispiel die Bäume, die die Lichtung umrahmen, und ein Reh, das von der einen Seite kommt, und ein Einhorn, das von einer anderen Seite kommt ... und eine schattenhafte, grau-grün gezeichnete Gestalt tief im Hintergrund, tief im Schatten der Bäume, die ihm schemenhaft zulächelt.

Alrik weiß nun, was sein Platz ist, und seine Bestimmung. Er dreht sich um, und geht rückwärts in "seine" Nische hinein. Als er sich noch einmal umdreht, um seinen Abstand zum Wandbild zu prüfen, scheint es ihm, als ob ihm die knieende Gestalt von der Seite von unter der Kapuze her zulächelt ...


Last edited by AlrikFassbauer; 05/10/04 12:39 PM.

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