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Rashida folgt den Gesprächen der Gefährten nur mit halbem Ohr. Jetzt, wo die Stadt so greifbar nahe vor ihr liegt, muss sie an den bevorstehenden Abschied denken. Sie wird jetzt bald ihren eigenen Weg gehen müssen. Fort von den Freunden. Sie hatte den Abschied solange es ging hinausgeschoben, doch nun war die Stunde gekommen, einander Lebewohl zu sagen.

Die Kriegerin beißt sich unentschlossen auf die Lippen und erinnert sich an ihre Prüfung. Auch dort war sie nicht bei den Gefährten gewesen. Das Licht Undar´s zu verbreiten und so den Freunden damit den Rücken frei zu halten – das war und ist ihre Bestimmung. Womöglich würde ihr gemeinsames Streben sogar scheitern, wenn sie ihren Auftrag nicht erfüllen würde und weiter bei den Freunden blieb. Vielleicht würde sie ihnen allen, durch ihr Bleiben, Tod und Verderben bringen, wenn sie nicht den Blutkelch zurückbrachte. Nur Undar allein wusste, welche Bewandtnis es mit dem Kelch hatte und ob er nicht wesentlich zum Gelingen ihres Unternehmens beitrug. Wenn sie versagte und den Blutkelch nicht jetzt zurückbrachte, weil sie sich nicht von den Gefährten trennen will, könnte alles verloren sein… Genau wie es ihre Prüfung gezeigt hatte, als sie sich zu den Gefährten gesellte.

Ihre Gedanken gleiten plötzlich zu dem Priester. Wenn er noch am Leben wäre, könnte er ihr sicher mit Rat und Tat zur Seite stehen. Sie denkt an die Ohrfeige zurück, die sie dem heiligen Mann gegeben hatte. Ein leichtes Kribbeln und Brennen breitet sich in ihren Fingern aus, so als hätte sie ihn gerade erst jetzt auf die Wange geschlagen. Betroffen starrt sie auf ihre Fingerspitzen und Schuldgefühle steigen in ihr auf. War sie nicht etwas zu hart mit dem Priester ins Gericht gegangen? Schließlich hatte er sein Leben für sie riskiert, um Schaden von ihr abzuwenden und es damit ermöglicht, dass sie ihren Auftrag überhaupt durchführen konnte. Und eigentlich waren seine Ratschläge immer gut gemeint und nie schlecht gewesen. Hatte sie ihm also mit ihren Vorwürfen Unrecht getan?

Was gäbe sie darum, wenn er hier wäre und sie unterstützen würde. Er wüsste, was zu tun ist. Er würde ihr sagen, ob ihre Priorität, trotz der Bedrohung durch SarSareth, auch weiterhin im Blutkelch liegen würde. Ob sie ihren Auftrag jetzt zu Ende bringen soll. Und vielleicht… hätte er sich sogar angeboten, den Blutkelch zum Tempel zu bringen und ihr so ihre schwerwiegende Entscheidung abgenommen.

Rashida seufzt leise. Es konnte keinen Zweifel daran geben, dass der Priester samt seinen Rittern und dem Reisenden unter den Trümmern des Tempels umgekommen war. Also ist niemand da, der ihr ihre Entscheidung abnehmen wird. Es ist ihre Entscheidung und sie muss sie alleine und ohne den Rat eines anderen fällen. Und vielleicht entscheidet sich hier ihr Schicksal.


Genieße Dein Leben ständig, denn Du bist länger tot als lebendig.