"Dort ist es, Leutnant! Man kann es kaum erkennen. Wenn wir nicht so einen klaren Tag hätten, wäre der Rauch nicht auszumachen!"

Der Wächter deutet auf den entfernten Waldrand, über dem tatsächlich ein feine, kaum sichtbare Rauchfahne zu erkennen ist.
"Man kann nur den Rauch sehen! Das Feuer selbst und jene, die es entfachten, sind hinter Baumgruppen verborgen!"

Der Leutnant der Stadtwache, ein grobschlächtiger, brutal wirkender Mann mittleren Alters mit den unschuldigen Augen eines Kindes tritt an die Brüstung des überdachten Turmes heran, der die Stadtmauer überragt und Tag und Nacht besetzt ist. Angestrengt schaut er in die Richtung, die ihm der Turmwächter gewiesen hat. Trotzdem braucht er einen Augenblick, bis er den dünnen Rauch überhaupt ausmachen kann.

"Wer entzündet ein Feuer so dicht vor den Toren der Stadt?" grollt er. "Es ist kaum mehr als eine Meile entfernt..."

"...und es liegt direkt neben der Straße!" ergänzt der Turmwächter eifrig. "Kein Händler oder gewöhnlicher Reisende würde dort ein Lager aufschlagen, wenn er in wenigen Minuten an den Stadttoren wäre. Und für eine Ausfluggesellschaft ist es einfach nicht die richtige Jahreszeit. Es ist zu kalt, selbst bei so schönem Wetter wie heute!"

Der Leutnant denkt angestrengt nach. Sein verbissener Gesichtsausdruck und die stark nach hinten fliehende, in Falten gelegte Stirn erwecken den Anschein, als würde das Nachdenken nicht zu seinen üblichen Tätigkeiten gehören.

Dann erhellt sich sein Gesicht, als wäre ihm ein beruhigender Gedanke gekommen.
"Landstreicher! Vagabunden! Wer sonst könnte es sein!" brummt er aufgebracht, und man merkt seiner Stimme an, dass er mit dieser Situation umzugehen gewohnt ist.
"Ich will, dass eine Patrouille hinausreitet und diesem Pack verleidet, einfach das Holz des Herzogtums in Brand zu stecken! Hackt ihnen die schmutzigen Hände ab! Reitet sie nieder!"

Überrascht schaut der Turmwächter auf seinen Leutnant und fragt sich einmal mehr, wie ein solcher Mann eine Führungsposition besetzen konnte. 'Kunststück, wenn die Cousine seines Schwagers das Flittchen des Hauptmanns ist!' denkt er mit einem Anflug von Verbitterung. Er räuspert sich geräuschvoll, bevor er einwirft:
"Mit Verlaub, Leutnant, aber glaubt Ihr nicht, dass es etwas... unangemessen wäre, sie wegen einem kleinen Lagerfeuer kurz vor den Toren der Stadt gleich zu massakrieren?"

Der Leutnant schweigt kurz, aber man sieht seinem kantigen Gesicht an, wie es ihn ihm arbeitet. Der Einwurf des Wächters weckt keinerlei Zustimmung in ihm, es ist nur zu offensichtlich, dass dieser Mann sich nicht mit Fragen aufhalten würde. Jemanden, den er für einen Landstreicher hält, würde er kurzerhand beseitigen und dabei noch der Meinung sein, ein gutes Werk vollbracht zu haben.

Der Turmwächter erkennt die Anzeichen an seinem Vorgesetzten, und es tut ihm bereits jetzt leid, dass er die Rauchzeichen gemeldet hatte.
"Ich würde vorschlagen, dass sich der Feldwebel der Sache annimmt und mit einer Streife mal da hin reitet." schlägt er in der Absicht, das sich anbahnende Unheil noch abzuwenden, vor.

"Niederreiten!" grollt der Leutnant erneut, scheint aber inzwischen von seinem ursprünglichen Vorhaben doch abgekommen zu sein. "Man sollte dieses Ungeziefer ausrotten und ihre Köpfe als Abschreckung auf Pfähle stecken! Kommen womöglich in meine schöne, saubere Stadt, mit ihren Krankheiten und voller Wanzen! Vagabundenpack!"

Der Wächter fröstelt und wirft unwillkürlich einen Blick auf das Hafenviertel, wohl wissend, dass in einigen Staddtvierteln Krankheiten und Ungeziefer ständige Begleiter der dort wohnenden Bevölkerung sind.

"Der Feldwebel soll rausreiten!" nimmt der Leutnant endlich den Vorschlag des Wächters auf. "Wenn er Landstreicher findet..." Der Mann kaut auf seiner Unterlippe; zu gerne würde er die Anweisung geben, sie in Stücke zu hauen, doch der Einwurf des Wächters hatte ihn daran erinnert, dass ein solches Vorgehen bei seinen Vorgesetzten womöglich tatsächlich als zu brutal und unangemessen angesehen werden könnte. Und noch mehr Ärger konnte er sich nicht erlauben, der Hauptmann konnte nicht immer seine Hand über ihn halten.
"... soll er sie verjagen oder verhaften!" entscheidet er widerwillig.

Zackig salutiert der Turmwächter, und bevor sich der Leutnant seine Entscheidung nochmal überlegen kann, verschwindet er über die schmale Stiege, um den Befehl an den Feldwebel weiterzugeben.