Keuchend und schweißgebadet lassen sich Threepwood, William und Francis auf den sandigen, von dunklen Felsen durchsetzten Boden fallen. Obwohl die Prise diesmal nur aus insgesamt vier Bootsladungen bestanden hat, sind sie völlig am Ende ihrer Kräfte. Der erbarmungslose Schwarzbart hatte sie immer wieder angezischt und mit seiner eisenkugelbehangenen Peitsche bedroht, so dass sie weder beim Rudern noch beim Hochtragen der Lasten ins Versteck auch nur einen Atemzug lang hatten Pause machen können.

Zudem hatte die Bootsmannschaft der »Schnellen Schwalbe« von bösen Vorzeichen und Omen erzählt. Zwei Piraten waren während der Überfahrt bei ruhiger See und völlig ohne Grund verschwunden - vermutlich über Bord gegangen. Zwei Fässer mit eingelegten Bohnen waren vor der Zeit faulig geworden und im Speck wohnten fingerdicke Maden.

Ein alter Mann tuschelte jedem, der es hören wollte oder nicht schnell genug ausweichen konnte, zu, dass er in der letzten Nacht die blutroten Segel des Flatternden Flachländers am Horizont gesehen hätte. Ein anderer wollte bemerkt haben, wie in der Abenddämmerung der Klabautermann unter protestierendem Klopfen und Kratzen das Schiff verlassen hatte. Die alten Erzählungen und Gerüchte machten, obwohl von den Offizieren verboten, heimlich tuschelnd die Runde und mehr als sonst sah man die harten und sturmerprobten Seeleute heimlich ihre Talismane reiben und drücken.

"Puh! Endlich alles in der Höhle. Die Luft ist so rattenschmierig heute. Ich dachte schon, wir würden überhaupt nicht mehr fertig werden. Und der Kapitän hat ja eine Laune wie ein gerade von der Bettkante geschupster Freier!", stöhnt Threepwood und reibt sich seine zerschundenen Hände. Ein Gegengewicht hatte sich beim Hochziehen einer Kiste eigentümlicherweise gelöst, so dass ihm das rauhe Seil durch die Hände geflutscht war wie ein Aal - nun ja, mehr wie ein Stachelfisch.

"Verdammter Hund, falssssse SSsslange", faucht ihn William an. "Ersssst vergreifsssst du dich an den SSssnapsssssvorräten, sssso dasssssss der Käptn ssssauer issst und dann jammersssst du auch noch rum!"

"Sag lieber böse, dann zischt es nicht so", kontert Threepwood. "Und außerdem war ich wirklich nicht an den Rumvorräten."

"Klar, dass war der Klabautermann", antwortet Francis amüsiert und pustet sich die nassen roten Ponyfransen, die sich in seinem stoppeligen Bart verfangen haben, aus dem Gesicht. "Wir waren beim Skat und nur du warst alleine im Ausguck. Die Katze geht nicht an den Rum ... nicht mehr, seit Edward ihr dort ein Bein mit dem Wurfdolch zertrümmert hat." - "Ob ich mit dem heutigen Lohn wohl Blumen für Elisabeth kaufen soll", philosophiert er dann leise vor sich hin.

William ist jedoch nicht so leicht zu besänftigen. Wütend aber ohne übermäßigen Erfolg tritt der dem neben ihm liegenden Threepwood vor die Beine.

"Feigessssss Lügenpack, dasssss kannsssst nur du gewessssen sssein!", mault er und weist mit seinen schlaksigen Armen, die irgendwie immer ein Gelenk mehr als üblich aufzuweisen scheinen auf seinen blutigen Rücken.
"Da hat die alte Besssstie mich mit der Peitsssse erwischt, weil du ihn ssssso aufgeregt hassssst! Dassss zsssahl ich dir heim!"

"Jetz macht ma voran da, ihr faules Dreckspack! Ihr kricht euer Gold nicht für's Rumliegen und schnaken!", unterbricht in diesem Augenblick eine donnernde Stimme das Geplänkel. Edward ist der einzige den drei bekannte Mensch, der donnernd flüstern kann.

"Hoch mit dem Arsch bevor ich ihn euch aufreiß! Eine Kiste »Kräuter« muss noch heute Nacht zum Leutnant!" Beim Gedanken an die Bezahlung - und das, was er sich davon leisten wird - tritt ein gieriges Glimmen in die dunklen Augen des Kapitäns. Er mochte den Leutnant und es ließen sich hervorragende Geschäfte mit ihm machen.

"William, Francis, ihr bringt sie durchs Tor. Der Wächter weiß Bescheid, die übliche Parole. Und lasst euch nicht wieder Pferdekacke als Bezahlung andrehen, ey! Hörta!"

Francis freut sich sehr, dass auch er in die Stadt gehen kann. Vielleicht erhaschte er einen Blick auf Elisabeth, wenn er wieder auf die Buche vor ihrem Schlafzimmerfenster kletterte. Er beißt sich beim Blick in Edwards Gesicht jedoch auf die Zunge und unterdrückt sein freudiges Grinsen.

Die beiden Piraten kehren durch den strandnahen Ausgang, der verwinkelt hinter einem Felsen liegt und zudem von wild wucherndem Dornengestrüpp verdeckt wird zurück in ihr Versteck und steigen erneut die lange, steile Treppe zu den Wohnhöhlen hinauf. William und Francis hingegen machen sich auf den Weg zum »Dritten Tor«, um ihre Ware abzuliefern.

"Wenn die anderen Skat gespielt haben und ich den Rum nicht genommen habe, wer war dann in der Höhle? Ein Geist? Gar der Klabautermann?", dieser Gedanke lässt Threepwood nicht mehr los. "Ob es doch stimmte, was die alten Männer erzählten? Und ob die Prise diesmal wirklich verflucht ist? Warum ist heute Abend das Gegengewicht abgerissen? Ein böses Omen liegt in der Luft und eigenartig genug sehen einige Beutestücke aus."

Plötzlich wäre auch er gerne mit in die Stadt gegangen.