Unruhig läuft Emada auf und ab, während er auf Jambond wartet. Dass es keinerlei Lebenszeichen von Bruder Nifel und seiner Schar aus auserwählten Rittern gab war in der Tat beunruhigend. Nifel galt selbst unter den Priestern als unversöhnlicher Gegner der Dämonenbeschwörer, und seine Macht war beachtlich. Tatsächlich gehörte er zu den erfahrensten und mächtigsten Priestern des Tempels. Jedoch zeigte er keinerlei Anstalten, nach einem höheren Amt zu streben - er konzentrierte seine Macht ganz auf seine priesterlichen Tätigkeiten und schien daher immun gegen die zahlreichen Intrigen zu sein. Sein Glaube war stark, und ihm haftete der Nimbus eines wahren Klerikers an - eines heiligen Mannes, der allein seinem Gott Rechenschaft schuldig war und nicht nach weltlichen Dingen strebte. Vielleicht war das auch der Grund für seine Macht - viele der Priester glaubten nur noch an die Dogmen ihrer Kirche bzw. schätzten sie höher ein als ihren Gott. Nifel dagegen war mehr als einmal aufgestanden und hatte allzu starre Dogmen angeprangert und so manche Priester mit harschen Worten angegriffen. Einige, vor allem die älteren Priester, hielten ihn daher für ein wenig wunderlich, und viele von ihnen bedachten ihn mit bösen Blicken, weil seine Ansichten die strenge Hierarchie des Klerus gefährdeten. Doch die jüngeren Priester, und auch einige der älteren, himmelten Nifel geradezu an. Emada selbst schätzte Nifel, ohne ihn jedoch zu seinem Idol erkoren zu haben. Ganz sicher wäre er ein hervorragender Hohepriester - wenn er diesbezüglich Anstalten machen würde!
Und nun war er verschollen. Das lange Ausbleiben jeder Nachricht war nicht allzu beunruhigend. Dämonenbeschwörer waren immerhin Magier, und das konnte die Suche nach ihnen sehr erschweren. Und Nifel würde sich nicht so schnell abschütteln lassen - zu unversöhnlich schien sein Hass auf alles dämonische zu sein. Also konnte eine solche Jagd durchaus längere Zeit dauern, auch wenn niemand dem recht jungen Magister Sadrax eine solche Raffiniertheit und Ausdauer zugetraut hätte. Doch jetzt schien Sadrax wieder in der Stadt zu sein, und von Nifel und seinen Rittern fehlte weiterhin jede Spur. Sollte der Priester etwa die Spur des Dämonenbeschwörers verloren haben? Es war unvorstellbar, dass Nifel und seine Ritter in einer Konfrontation mit Sadrax unterlegen sein sollten. Der Dämonenbeschwörer konnte doch unmöglich so mächtig sein, oder? Vielleicht hatte er auf seiner Flucht aber auch Unterstützung...
Emada verharrt in seiner Bewegung. Natürlich! Die Streiterin Undars! Es war ihm doch gleich so vorgekommen, als hätte sie ihnen etwas verheimlicht! Sollte es ein Zufall sein, dass die Auserwählte des Mondgottes ihnen eine abenteuerliche Geschichte über das Auffinden eines heiligen Reliktes auftischte und offenbar fast zeitgleich der gejagte Dämonenbeschwörer in der Stadt auftauchte? Sie hätten die selbstbewusste Kriegerin nicht so sang und klanglos ziehen lassen sollen! Doch ohne Zweifel war sie von Undar gezeichnet, und auch der Kelch war echt. Aber eine Geweihte Undars würde sich doch nicht mit einem bösartigen Dämonenbeschwörer zusammentun und gegen einen, der ihren Glauben teilt, vorgehen? Was für ein verworrenes Spiel wurde hier gespielt?
Fröstelnd zieht Emada die Schultern zusammen. Wo nur Jambond blieb!