Erneut taucht der Mond den Strand kurz zwischen den Wolken hindurch in fahles Licht. Beide Gruppen entfernen sich langsam vom Treffpunkt – Tork Emada und Jambond begeben sich zur Stadt, Glance und Lurekar schlendern zu den Felsen zurück. Der Musiker blickt über die Schulter zurück, dann sieht er in den Himmel, legt die flache rechte Hand auf die Brust und hebt sie anschließend wie zum Gruß dem Mond entgegen. „Ob Undar uns oder ihnen mit diesem Licht etwas sagen will?“, flüstert er Glance zu und neigt leicht den Kopf, als wolle er jemanden beschwichtigen.

Glance ist verwundert. „Glaubt dieser seltsame Mann von der Westküste etwa auch an Undar?“, fragt er sich.

Ohne wirklich eine Antwort abzuwarten, fährt der hagere Mann jedoch fort: „Immerhin ... wir haben seiner Priesterschaft einiges entlocken können. Aber viel wird noch vor uns verborgen gehalten. Wir haben nicht mehr als die oberste Schale einer großen Zwiebel entfernt.“. Lurekar bleibt stehen und sieht zu, wie Tork Emada und Jambond zwischen den Hütten am Strand verschwinden. „Dieser Tork Emada wird offenbar nicht von großer religiöser Inbrunst getrieben.“, setzt er erneut an, „Er dürfte uns vorerst allerdings in Ruhe lassen, weil er etwas von uns will. Sobald wir das haben, was er will, sollten wir wieder sehr vorsichtig sein. Er macht nicht den Eindruck eines Mannes, der viele Skrupel hat.“

„Allerdings! Den Eindruck habe ich auch nicht.“, antwortet Glance.

„Am besten brechen wir gleich zur Akademie auf.“, schlägt der Schwarzgekleidete nach einer kurzen Pause vor. „Jetzt gleich?“, fragt Glance erstaunt, „Und was ist mit den anderen?“. Lurekar zuckt mit den Schultern. „Ich bin nicht sicher, was Ihr vorhin mit unserem 'Kontakt zu den Magiern' gemeint habt, aber ich glaube nicht, dass Johram uns helfen wird, solange die Sache mit dem, hmm ... Vorkommnis im Landhaus nicht bereinigt ist. Wenn wir uns ohne Hilfe der Magier nach diesem Schlüssel umsehen möchten, tun wir das besser in einer kleinen Gruppe, in der sich jeder leise und vorsichtig bewegen kann. Dabei wäre uns Stone eher hinderlich als hilfreich“ – in körperlicher wie in moralischer Hinsicht., fügt er in Gedanken hinzu.

„Oh, unterschätzt Stone nicht.“, antwortet Glance, „Für einen Menschen ist er ziemlich gut. Ich bin mir allerdings nicht sicher, wie er zu einer 'Diebestour' steht, wie Ihr sie wohl im Sinn habt – zumindest, glaube ich, würde er es vorher auf die offene Weise versuchen wollen. Eine nicht völlig von der Hand zu weisende Einstellung übrigens.“

„Diebestour?“, fragt Lurekar mit einem Stirnrunzeln, „Diese Bezeichnung scheint mir doch recht unpassend zu sein. War es etwa eine Diebestour, als Ihr Euch uneingeladen Zutritt zu der verfallenen Burg oder dem Tempel in den Bergen verschafft habt? Hatte Stone etwa Bedenken, ungebeten in die Höhle der Piraten einzudringen oder im Leuchtturm zu übernachten?“. Der Musiker schüttelt bedächtig den Kopf. „Ihr solltet nicht so vorschnell urteilen. Ein Diebstahl wäre ein Verbrechen, aber jede Handlung muss im Zusammenhang mit dem Zweck betrachtet werden, dem sie dient. Und dient all das nicht dem Zweck, die Welt zu retten?“

„Natürlich werden die Magier diesen Schlüssel gut gesichert haben“, fährt er fort, „– falls sie denn überhaupt von seinem Wert wissen. Beim Entdecken dieser Sicherungsmaßnahmen hätte uns Bodasen vielleicht unterstützen können, und wahrscheinlich würde uns auch Alrik den einen oder anderen Hinweis geben. Aber es kann nie schaden, sich gründlich umzusehen, bevor man sich an einen möglicherweise gefährlichen Ort begibt. Das zumindest sollte uns mit Euren Zaubern und meinen, äh ... Erfahrungen als Abenteurer möglich sein. Dann können wir uns immer noch überlegen, welche anderen Optionen wir haben.“

„Hmmm ...“, brummt Glance nur zweifelnd.

Der grauhäutige Mann fährt sich nachdenklich mit der Hand übers Kinn. „Ich halte es für ausgeschlossen, dass wir mit der ganzen Gruppe bei Tage unbehelligt zur Akademie gelangen. Und ich bin eher skeptisch, was eine baldige Aussöhnung mit Johram betrifft. Jetzt, in der Nacht, sollten wir beide wenigstens in der Lage sein, ungesehen durch die Stadt zu kommen. Welchen Sinn macht es, bis morgen Nacht zu warten? Lasst uns den Rest dieser Nacht nutzen und sehen, was wir an der Akademie erreichen können.“

„Grundsätzlich stimme ich Euch zu,“, antwortet Glance vorsichtig, „allerdings war es nie mein Gedanke, dass alle zur Akademie sollten. Bei den ganzen Fraktionen hier halte ich es für klug, dass niemand genau weiß, wie groß unsere kleine Gruppe wirklich ist und welche Fähigkeiten sie haben könnte.“. In Gedanken streicht er über seine Narbe. „Überlegt mal, welche Neugier der Drache Lu Ser bei den Magiern weckt – er könnte eine Brücke schlagen. Jedenfalls viel eher als zu den Priestern. Wir beide müssten uns Zugang zur Akademie verschaffen – das ist an sich schon kein leichtes Unterfangen, aber nach den Vorkommnissen hier wird es doppelte Sicherungsmaßnahmen geben. Und dann haben wir kaum eine Ahnung, wie es da drin wirklich aussieht – und wir wissen nicht, wo wir suchen sollten, geschweige denn genau was“.

Glance ist hin- und hergerissen zwischen der Versuchung, Lurekars Vorschlag nachzugehen, und dem kribbelnden Gefühl, das ihn zur Vorsicht mahnt.

„Wenn uns was zustößt, würden die anderen uns bei der Priesterschaft und nicht in der Akademie suchen, das ist nicht gut.“, meint er. „Wir sollten zumindest eine Nachricht über unser Vorhaben hinterlassen, bevor wir kundschaften gehen“.