Still starrt die dunkle Gestalt auf das Haus. Schon seit einigen Stunden hat sie ihren Blick auf das einen Spalt offenen Fenster fixiert.
Schon seit längerem sind alle Geräusche in der Umgebung verhallt, die Zeit ist da. Die leisen Atemzüge die aus dem Fenster dringen verraten der Gestalt das dort ein junger Mensch schläft. Eine junge Frau, fast noch ein Mädchen, höchstens 16 Jahre alt. Aber das ist egal, spielt bei der Auswahl der Beute keine Rolle.
Jetzt kommt bewegung in die Gestalt. Auf eine seltsame Art und Weise gleitet die Gestalt im Schatten vorwärts. Mehr gleitend als gehend erreicht die Gestalt den Rand des Schattens den das Gebäude, in dessen Schutz die Gestalt die letzten Stunden verbracht hatte, wirft. Aber auch dieser Schatten ist nur unmerklich dunkler als die restliche Nacht in den engen Gassen des Rechemer Händlerviertels. Ein sehr aufmerksamer Beobachter würde jetzt erwarten den Schatten einer schnell dahinhuschenden Gestalt zu sehen der den Abstand zwichen den, um fast ein dutzend Schritte schräg versetzten, Häusern eilig überwinden zu versucht. Aber es gibt keinen solchen Schatten, stattdessen scheint es so als würde der Schatten des Hauses in dem sich die Gestalt verbirgt langsam wachsen, ohne seine proportionen zu verlieren. Nur der alleraufmerksamste Beobachter würde diese veränderung überhaupt bemerken. Dann erreicht der Schatten das offene Fenster und zieht sich wieder zurück.
Die Gestalt schaut auf seine schlafende Beute, vorsichtig muss sie sein.
Schon seit ein paar Tagen war es ihr nicht mehr möglich in ihrem ursprünglichen Gebiet am Hafen auf erfolgreichen Beutezug zu gehen. Zuviele andere Schatten waren dort unterwegs, und die Menschen die dort leben sind vorsichtiger geworden. Keine offenen Fenster mehr. Auch wenn die Gestalt sicher war mit den anderen Schatten fertig werden zu können, die Piraten würden sicher keine unterstüzung bei der Stadtwache erbitten, so wollte sie dennoch unliebsame Aufmerksamkeit vermeiden. Aber hier im Händlerviertel musste sie viel vorsichtiger sein. Hier gab es Diener und teilweise Wachen, einfach viel mehr Menschen die auf Geräusche in ihrem Haus reagieren würden. Aber jetzt ist Beute nah, und alles im Haus still. Endlich wieder Nahrung.
Die Gestalt gleitet auf ihr Opfer zu und berührt es sacht am Kopf. Sofort verstummen die Atemzüge und die Augen der jungen Frau fliegen auf. Panisch versucht sie zu atmen, oder sich überhaupt zu bewegen aber ohne jede Chance.
Das letzte was sie sieht bevor sie ohnmächtig wird sind zwei, in fahlem grauen Licht, leuchtende Punkte die Augen sein könnten.
Ungerührt starrt die Gestalt auf ihre Beute und beobachtet den Todeskampf, gleich ist es soweit, schon sind erste helleuchtende Nebelschwaden zu sehen die von dem sterbenden Mädchen aufsteigen. Dann dringt die Seele aus dem Körper. Genau in diesem moment rammt die Gestalt dem ersterbenden Körper einen Dolch in das Herz. Nur einen Lidschag später dringen dunkle Schatten in die leuchtende Spähre der Seele der jungen Frau. Ein verzweifelter Kampf entbrennt in dem der Sieger schon feststeht. So wie die junge Frau sterben mußte so unterliegt auch ihre Seele. Immer dunkler wird ihre Essenz und wird immer mehr mehr von der gestalt aufgenommen die jetzt gar keine Gestalt mehr ist, sonden mehr Schatten der durch den Raum wallt.
Dann ist es vorbei. Die Gestalt ist wieder da und starrt auf den Leichnam. Dieser Körper würde nicht wiederkehren so wie die Gestalt einst, eine weitere Leiche die man für einen einfachen, wenn auch bestialichen, Mord halten würde. Die Gestalt packt den Dolch und macht sich daran den Körper grausam zuzurichten. Schlieslich hält sie inne und verschwindet auf genauso seltsame Art und Weise wie sie gekommen war.
Zufrieden ist die Gestalt und satt, auserdem ist sie sicher das sie auch ihrem Herrn und Meister zufrieden gestellt hat. Wieder hat sie dafür gesorgt das Rechem ein stück näher an Bürgerunruhen rückt.


Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile(Aristoteles)
Aber wenn man das einzelne nicht mehr beachtet, hat das ganze keinen Sinn mehr (Stone)