Glance und Lurekar sehen sich an, und Glance bedeutet mit einer Kopfbewegung in Richtung der Tür, dass sie gehen sollten. Lurekar nickt nur müde, und sie verlassen die Bibliothek durch den Zugang, durch den sie gekommen waren.

Kaum, dass die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen ist, dreht der Musiker sich um und meint leise: „Der alte Mann hat uns gar nicht seinen Namen genannt. Mal sehen, wer die Bibliotheksordnung unterzeichnet hat.“. Er schaut sich erneut das Blatt Pergament an der Tür an und buchstabiert: „V - a - t, nein l - t - a? Nein, doch o - m - i - r. Ja, Valtomir, so müsste der Name lauten. Es ist sicher nicht verkehrt, wenn wir wissen, mit wem wir es überhaupt zu tun hatten.“

Der hagere Mann macht immer noch einen müden und erschöpften Eindruck. Mehrmals bleibt er stehen und lehnt sich für ein paar Augenblicke gegen die Wand. Schließlich bietet Glance an, ihn zu stützen, und Lurekar geht gerne darauf ein. So verfolgen sie ihren Weg zurück.

„Wir sollten uns noch den Gang ansehen, der Richtung Hafen führt.“, gibt der Halbelf im Raum mit den vier leuchtenden Symbolen zu bedenken, „Wenn wir hierher zurückkehren wollen, sind wir vielleicht darauf angewiesen, ihn zu benutzen – sofern das überhaupt noch möglich ist, nach dem, was der Alte andeutete - warte hier.“

Lurekar ist einverstanden, da er seine Kräfte lieber schonen möchte, und Glance erkundet diesen Gang allein. Die Wände machen hier einen ungepflegteren Eindruck als im restlichen Teil der Kelleranlage. Zwei Seitentüren rechts und links stehen einen Spalt offen. Glance stößt sie vorsichtig weiter auf, blickt jedoch nur in leere, eindeutig schon lange nicht mehr genutzte Abstellräume und setzt seinen Weg fort. Je weiter er vordringt, desto öfter liegen kleinere und größere Steine auf dem Boden herum, die offenbar aus der Decke herausgebrochen sind. Nach etwa fünfzig Schritten kommt Glance an eine Stelle, an der die rechte Wand halb eingestürzt ist. Vorsichtig arbeitet er sich weiter vor, doch nach weiteren zwanzig Schritten versperrt so viel Geröll den Gang, dass man höchstens noch kriechend weiter vorankäme. Ein rostiges Gitter, das den Gang wohl vor langer Zeit einmal versperrt hat, ragt schräg aus dem Schutt hervor. Allerdings scheinen keine frisch herausgebrochenen Steine herumzuliegen. Einen anderen Weg nach oben oder zur Seite kann der Halbelf trotz sorgfältiger Suche nicht entdecken, daher prägt er sich wenigstens den Verlauf des Gangs möglichst gut ein und kehrt zu Lurekar zurück.

Die beiden Männer steigen langsam und leise die Treppe hoch, wo sie den Wächter immer noch schlafend am Boden vorfinden. Lurekar stellt die Öllaterne zurück auf das Bord, dann späht er durch die Tür nach draußen. Alles ist ruhig, und so verlassen sie die Akademie, lehnen die Tür an und wenden sich in Richtung Stadt.

Plötzlich gibt Glance Lurekar einen Stoß und zischt: „Vorsicht, jemand kommt!“. Wie ein Mann springen sie seitlich hinter einen eigentlich viel zu kleinen Busch und ducken sich. Glance zieht schnell seinen Tarnumhang zurecht.

Ein Mann nähert sich von einem der Nebengebäude der Akademie, konzentriert sich aber glücklicherweise ganz auf das Hauptgebäude. Besonders scheint er die Fenster zu beobachten, ob jemand herausschaut. So läuft er an den beiden still kauernden Gestalten vorbei, ohne sie zu beachten. An der Tür dreht er sich noch einmal um und schaut sichernd in Richtung Stadt, bevor er vorsichtig die Tür aufdrückt und hineinschaut. Ein leises Kichern ist zu hören. „Wache zu schieben kann so erholsam sein, nicht?“. Blitzschnell verschwindet der Mann hinter der Tür und das klackende Geräusch des Riegels ertönt.

„Da haben wir aber Glück gehabt.“, meint Glance leise, „Länger hätten wir nicht brauchen dürfen.“. „Och, von innen hätten wir die Tür schon aufgekriegt.“, erwidert Lurekar unbekümmert. Aber Glance spürt doch, wie die Anspannung von Lurekar weicht.

Auf dem Weg durch die Gassen der Stadt macht der Musiker immer wieder Pausen, so dass Glance ihn abermals beim Gehen stützt. Auf diese Weise dauert der Rückweg zwar deutlich länger als der Hinweg, doch das Morgengrauen kündigt sich längst noch nicht an, als die beiden den Hafen erreichen. Die Nachtwache auf dem Elfenschiff lässt sie ohne weiteres an Bord, und Lurekar bedankt sich bei Glance für die Unterstützung. „Dir fehlen zwar die beiden auffälligsten Vorzüge der besten Krankenpfleger,“, meint er grinsend, „aber falls dir das mit dem Weltretten mal langweilig werden sollte, kannst du sicher als Leichenträger noch groß Karriere machen.“. Der Halbelf quittiert die Bemerkung nur mit einem müden Lächeln. „Krankenträger, wenn schon - Leichen würde ich kaum durch die Gegend schleppen.“

Danach begeben sich beide zur Ruhe und fallen schnell in einen tiefen, erholsamen Schlaf.

Last edited by Lurker; 20/01/06 02:26 PM.