Dranner muss sich zwingen, die letzten Schritte zu der Menschenmenge nicht zu rennen. Ein kurzer Blick hatte ihm genügt um zu sehen, dass mehrere Menschen im eisigen Wasser des Hafenbeckens um ihr Leben kämpften. Doch er war noch zu weit entfernt, um direkt einzugreifen. Die Elfen dagegen schienen sich nicht zu fein zu sein, den Ertrinkenden jede Hilfe zuteil werden zu lassen. Stumm verflucht der Feldwebel die wenigen Augenblicke, die ihm fehlten - eine gemeinsame Rettungsaktion hätte die Situation vermutlich völlig entschärft. Doch aus irgendeinem Grunde reagierte der Großteil der Menschenmenge nicht auf die verzweifelten Hilferufe aus dem Wasser sondern starrte nur verträumt in die Luft. Abgesehen von wenigen, die sich in erneuten Hetztiraden gegen die Elfen versuchten. Wie in weiter Ferne nimmt er eine leise Musik war, die mit einer Art Signal abrupt endet, doch er ist zu konzentriert, um diesem Umstand weitere Aufmerksamkeit zu schenken.
Dann bemerkt er mit zunehmender Sorge, wie die Elfen die ins Wasser Gefallenen an Bord hieven. Wenn das den Unruhen nur nicht neuen Auftrieb gibt! Mit einem Schaudern geht sein Blick über das schnittige Schiff, und er erinnert sich, dass es sich um ein Kriegsschiff handelt. Eine einzige Salve der sicherlich an Bord befindlichen Bogenschützen würde in einem grauenhaften Blutbad enden.
"Hallo Leute!" begrüßt er die Menge und zwingt sich zu einem Lächeln. Die meisten der Umstehenden machen einen etwas verwirrten Eindruck, so als wären sie gerade aus einer Art Trance erwacht, wenden sich ihm aber zu. Sogar die mordlüsternen Aufwiegler verstummen verblüfft, als sie den Feldwebel bemerken.
"Ist es nicht etwas zu spät für ein Bad?" fährt Dranner fort und deutet grinsend auf das trübe Hafenwasser. "Außerdem sollte doch allgemein bekannt sein, dass das Hafenwasser nicht nur aus Wasser besteht!" meint er und zwinkert vieldeutig. Einige der Umstehenden lachen, doch die Rädelsführer machen grimmige Gesichter.
"Wir lassen uns nicht aufhalten!" brüllt ein rotbärtiger Bursche. "Wenn die Stadtwache nicht handelt, dann tun wir das eben!"
"Es würde uns nicht im Traum einfallen, euch aufhalten zu wollen!" entgegnet Dranner und stößt mit gespieltem Genuss eine Wolke aus Tabaksqualm aus. Befriedigt stellt er fest, dass der Rotbärtige vor Verblüffung nach Luft schnappt.
"Aber wir würden nicht empfehlen, ausgerechnet zu dieser Jahreszeit ein Bad zu nehmen - und dann noch im Hafen! Meine Güte, dachte ich mir so, als ich euch hier sah, da haben wir einen so hübschen Strand direkt vor den Toren der Stadt, und sie baden ausgerechnet hier?"
Erneutes Gelächter ertönt ringsum. Mit Erleichterung registriert Dranner, dass sich inzwischen der größte Teil des Mobs in einer zuschauenden Rolle befindet, die nichts weiter tut als einem famosen Spektakel beizuwohnen. Die Menschen rücken bereitwillig beiseite, so dass er schließlich dem Rotbärtigen direkt gegenüber steht. Doch er weiß auch, dass die Rädelsführer immer aufgebrachter werden, je mehr der Umstehenden sich von ihrem ursprünglichen Vorhaben abwenden.