War ja klar, dass es noch nicht ausgestanden ist. denkt Feldwebel Dranner, als nun ein weiterer Rädelsführer das Wort ergreift. Voller Missbehagen bemerkt er, wie die fast schon besändftigte Menge unter den neuerlichen Anschuldigungen schwankt. Einige konnte er sicher von ihrem Vorhaben abbringen, aber es waren noch immer zu viele, die den Hetzereien der Aufwiegler ihr Gehör schenkten - und das obendrein sehr aufmerksam. Dranner wirft einen kurzen Blick zu dem etwas abseits stehenden Korporal und seinen Männern, der daraufhin seine Waffe mit einem fragenden Gesichtsausdruck ein wenig hebt. Eine kurze Geste des Feldwebels genügt, und der Wächter senkt die Waffe wieder. Nein, jetzt ist noch nicht der richtige Zeitpunkt gekommen.
Statt einer direkten Konfrontation mit dem Dickbäuchigen wartet Dranner einige Augenblicke ab, und als der junge Mann, der soeben das Elfenschiff verlässt, dem Dickbäuchigen seine Wut ins Gesicht schreit, legt er den Kopf in den Nacken und beginnt laut und herzhaft zu lachen.
In der gegenwärtigen Situation wirkt dieser unvermittelte Heiterkeitsausbruchs des Feldwebels so deplaziert, dass es den Aufwieglern vorübergehend die Sprache verschlägt. Verblüfft und entgeistert starrt die Menge Dranner an. Ist der Mann irre geworden?
"Was ist so komisch daran?" faucht der Rotbärtige schließlich. Durch die Unterstützung seines Kumpans fühlt er sich wieder gestärkt.
Dranner wischt sich ein paar Tränen von den Wangen.
"Ich stellte mir nur gerade vor, wie ihr den Magiern eure Anschuldigungen entgegenschleudert.“ erklärt er noch immer lachend. „Ich selbst habe die Elfen zur Akademie eskortiert, wo sie sicher so manche Absprache getroffen und das ein oder andere Geschäft gemacht haben. Und wenn die Magier mit den Elfen zusammenarbeiten, dann sind sie wohl auch Elfenfreunde. Nun, und wenn ihr meint, ein Elfenfreund sei ein Verräter, dann solltet ihr sie künftig aus euren Geschäften werfen und jeden Handel mit ihnen vermeiden. Aber wahrscheinlich interessiert euch das nicht, denn bestimmt verkauft ihr den Magiern ja ohnehin nicht allzu viel..."
An den Reaktionen vieler Umstehenden sieht Dranner, dass er offenbar mitten ins Schwarze getroffen hat. Er weiß, dass viele Händler sehr gute Geschäfte mit den Magiern machen, und obendrein gehört die Akademie zu den größten Arbeitgebern der Stadt. So manch einer der Anwesenden dürfte mittel- oder sogar unmittelbar für die Magier arbeiten. Die Späße der Zauberkundigen waren zwar oft sehr derbe und bewegten sich hart an der Grenze des guten Geschmacks, doch die Rechemer erduldeten sie mit geradezu stoischer Gelassenheit. Immerhin waren die etwas weltfremden Gelehrten die besten Kunden und kauften praktisch alles, selbst scheinbar völlig nutzlose Dinge, und das auch noch zu einem guten Preis. Was jedoch noch viel schwerer wog: niemand wollte einen Magier zum Feind haben. Vielen sind noch die Ereignisse vor vielen Jahren nur zu gut im Gedächtnis, und wer sie nicht selbst miterlebte, der hat zumindest davon gehört. Damals hatte ein Händler die Tür seines Ladens einem Magier mit dem Hinweis, er hätte in zwei Tagen wieder geöffnet und so lange hätte sich der Zauberer wie jeder andere auch zu gedulden, vor der Nase zugeschlagen. Seinen Leichtsinn sollte der bedauernswerte Händler teuer bezahlen: der furchtbare Fluch, mit dem ihn daraufhin der verärgerte und rachsüchtige Magier belegte, trieb den Glücklosen erst in den Ruin, dann in die Einsamkeit und schließlich in den Wahnsinn.
"Und ich frage mich gerade" ,fährt der Feldwebel gutgelaunt fort, nimmt einen tiefen Zug aus seinem Glimmstengel und stößt den Rauch genüsslich aus, "ob wohl jemand, der mit einem verräterischen Elfenfreund Geschäfte macht oder gar für ihn arbeitet selbst zum Verräter wird. Was meinst du?" wendet er sich direkt an den Dickbäuchigen.