Die Marktfrau in der Menge reibt sich die Schläfen. So viel ist seit dem Morgen geschehen, so viel Neues hat sie erfahren, dass ihr der Kopf schwirrt. Die wundervollen Bilder aus der Heimat der Elfen, das Eingreifen von Feldwebel Dranner und die Nachricht, dass Magistrat Janus gemeinsame Sache mit Piraten macht – das alles lässt sie nicht los. Was geht nur vor im schönen Rechem? Fast kommt es ihr vor, als geriete die Welt an nur einem Tag völlig aus den Fugen. Aber der Feldwebel hat ganz Recht: Blinde Wut führt bloß zu neuem Unglück. Bei ihm ist die Angelegenheit in guten Händen. Sie ist sich sicher, dass er nicht locker lassen wird, bis die Schuldigen bestraft sind. Sie wird ihn in ihre Gebete einschließen, das nimmt sie sich fest vor. Für die einfachen Leute gibt es jetzt hier am Hafen nichts zu tun.
So wie sie gehen nach Dranners Erläuterungen immer mehr Menschen ruhig nach Hause oder zurück an die Arbeit. Der Feldwebel fährt fort, beschwichtigend auf die Verbleibenden einzureden, obwohl die Menge bald auf einen kleinen Kern Unbeirrbarer zusammenschmilzt, der ihn mit hasserfüllten oder gleichgültigen Blicken anstarrt. Nur wenige andere bleiben, um zu verfolgen, was weiter geschieht. Mittlerweile hat die faszinierende Wirkung von Dranners Worten nachgelassen, und unter den überzeugten Elfenfeinden kommt eine leichte Unruhe auf.
„Dieser Tag ist verloren.“, flüstert Sewrus zu Dakin, der mit gesenktem Kopf schweigend dasteht, „Wir sind kaum noch mehr als die Stadtwache. So können wir heute keinen Erfolg haben. Die verdammten Spitzohren haben Glück gehabt. Wir sollten uns aus dem Staub machen. Die nächste Schlacht wird kommen, und die entscheiden wir für uns.“
„Aufgeben? Bist du verrückt?!“, zischt Yaka, der sich wieder zu den anderen Rädelsführern gesellt hat. Seine Wut ist nach wie vor groß. „Wir haben das dreckige Pack endlich am Kragen, und dann sollen wir unseren Griff einfach lösen? Ich sage, wir bringen die Sache heute zu Ende, ganz gleich, wie viele Hasenherzige sich abwenden. Undar wird seine Getreuen schützen und belohnen, nicht wahr, Dakin?“. Der Rotbärtige blickt zu seinem Freund in der weißen Priesterrobe, aber der hebt nicht einmal den Kopf.
Derweil gibt der Korporal seinen Leuten ein Zeichen. Die Wachen treten vom Rand des Piers, an den sie von der Menge gedrängt worden sind, wieder ein paar Schritte vor. Hildebrand sieht zu seiner Tochter, dann zu seinem Vorgesetzten. Der Korporal lächelt verständnisvoll und nickt. Sehnsüchtig machen Vater und Tochter ein paar Schritte aufeinander zu und schließen sich in die Arme. Das junge Mädchen schluchzt schuldbewusst und dennoch glücklich, dass nichts Schlimmeres passiert ist. „Verzeih mir, Vater!“, sind die einzigen Worte, die sie herausbringt. Hildebrand streicht seiner Tochter liebevoll über den Kopf und flüstert ihr zu: „Den Göttern sei Dank, dass größeres Unglück abgewendet wurde. Geh jetzt nach Hause und bete. Ich werde nachkommen, sobald ich kann. Diese Dummheit wird nicht folgenlos bleiben ... auch wenn sie nichts daran ändern kann, dass Mutter und ich dich lieben.“
Mit einem halb traurigen, halb erleichterten Lächeln wendet Hildebrand seine Aufmerksamkeit wieder Feldwebel Dranner zu. Er wirkt nicht mehr so groß und beeindruckend wie noch eben, aber unter seiner Führung hat die Stadtwache die Lage offenbar weitgehend unter Kontrolle bekommen. Mit einer Kopfbewegung gibt der erfahrene Wachmann seinem Vorgesetzten zu verstehen, dass er eine wichtige Botschaft für ihn hat.