Marrik hat Stones Geschichte zunächst mit betont gelangweilter Miene angehört. Was kann dieser Kerl, ein von seiner eigenen Gemeinschaft Ausgestoßener, schon Bedeutendes erlebt haben? Als Nifels Name fällt, folgt Marrik Stones Worten schon etwas interessierter, richtig hellhörig wird er aber erst bei der Erwähnung Aneishins. In Rechem ist Aneishin weitgehend unbekannt, der Priester kann sich jedoch erinnern, dass sie vor längerer Zeit als Kriegsgöttin in Groß Furtheim allgemein verehrt worden sein soll, obwohl ihr Stern in der Stadt inzwischen wohl gesunken ist. Und sie soll zu diesem Hüter gesprochen haben?

Eine Weile lang wägt Marrik das Gehörte ab. Stone macht nicht den Eindruck, als habe er sich das Ganze nur ausgedacht, aber das heißt ja noch lange nicht, dass er die wahren Zusammenhänge erfasst haben muss. Erleichtert bemerkt Marrik, dass Tork sich zu einer Stellungnahme hinreißen lässt, auch wenn er nicht auf das eingeht, weswegen Dranner dieses Treffen wohl einberufen hat. Nun, in der Gegenwart des Inquisitors sollte jedes Wort doppelt bedacht werden!

„Dass ein Laie wir Ihr sich keine härtere Strafe vorstellen kann,“, antwortet er Stone schließlich, „heißt noch lange nicht, dass es keine härtere und vor allem angemessenere Strafe gibt. Es liegt nicht in Eurem Ermessen, zu beurteilen, wann und womit genug Buße getan ist. Das ist in Rechem und für Verbrechen, die in Rechem begangen wurden, Sache des Tempels!“. Marrik wirft Stone einen mahnenden Blick zu, und am Ton seiner Stimme ist zweifelsfrei zu erkennen, dass er nicht über diese Zuständigkeit diskutieren wird.

„Was Eure Geschichte angeht,“, fährt der Priester etwas ruhiger fort, „so haltet Ihr das Leuchten Eurer kleinen Figur wohl für einen Beweis, dass in Rechem etwas Unheilvolles geschieht. Um das beurteilen zu können, müsste man jedoch sehr viel mehr über die Figur, ihre Herkunft und Beschaffenheit wissen. Statt einer Göttin könnte es ebenso gut ein Dämon gewesen sein, der in diesem alten Tempel zu Euch gesprochen hat. Ja, wenn Ihr mich fragt, ist das sogar die viel wahrscheinlichere Variante. Und wisst Ihr, wie viele Leute sich einbilden, von den Göttern auserwählt worden zu sein, nur weil sie irgendwelche Stimmen zu hören glauben? Bevor wir aufgrund solch vager Vermutungen handeln, wird es wohl das Beste sein, Euch im Tempel einer eingehenderen Befragung zu unterz...“

Marrik wird von einem Klopfen an der Tür unterbrochen, und im selben Augenblick stößt jemand die Tür auch schon auf. Ungehalten wendet Marrik sich um. In der offenen Tür steht Dakin, der am Hafen als Aufwiegler abgeführte junge Priester; neben ihm der Wachsoldat, den Tork angewiesen hat, Dakin zu ihm zu führen. Dakins triumphierendes Grinsen lässt deutlich erkennen, dass er sich als Sieger der Lage fühlt, wohl in der sicheren Erwartung, dass Dranner sich nun bei ihm entschuldigen muss. Das Grinsen weicht jedoch schnell einem überraschten Gesichtsausdruck – offenbar hat der junge Mann nicht damit gerechnet, in der Wachstube so viele Personen vorzufinden. Als sein Blick auf Big Claw fällt, verfinstert sich seine Miene weiter. Fragend und leicht trotzig sieht er erst Feldwebel Dranner, dann Tork Emada an.

Last edited by Lurker; 04/10/06 04:52 PM.