Erschrocken lässt Chumana die Gürtelschnalle fallen, als ein lautes Krachen sie aus ihrer Konzentration reißt. Was ist denn bloß jetzt schon wieder im Hafen los? Das klingt ja so, als ob da jemand ein Haus abreißt.

Ärgerlich hebt sie die Schnalle auf und befestigt sie wieder an ihrem Gürtel, als zum zweiten Mal berstende Geräusche vom Hafen her ertönen, gefolgt von Schmerz- und Panikgeschrei. Jetzt wird ihr auch das hektische Laufen und Rufen um sie herum bewusst. Sie war so vertieft darin, einige Informationen von den Lippen der Beobachteten abzulesen, dass sie ihre Umgebung völlig vergessen hat. Was ist nur los? Ist der Mob zurückgekehrt und liefert sich jetzt ein Gefecht mit dem Elfenschiff?

Gerade will sie sich erheben, um die Lage mal in Augenschein zu nehmen, als ein weiteres ohrenbetäubendes Krachen direkt neben den Kisten ertönt, hinter denen sie es sich bequem gemacht hat, gefolgt von einer heftigen Erschütterung, die sie von den Beinen reißt. Die Kisten, teilweise durch den heftigen Einschlag von irgendetwas Schwerem zerborsten, geraten in Bewegung und drücken sie gegen die Bordwand . Ein scharfer Schmerz fährt ihr durch das linke Handgelenk, das verdreht zwischen ihrem Körper gegen die Planken gepresst wird. Ein Hagel aus Holzteilen, Splittern und anscheinend auch kleinen Glasstücken regnet auf sie herab und verursacht unangenehme Kratzer. Über ihr bohrt sich eine handgroße scharfe Scherbe in die Reling.

Erschrocken schaut sie auf das messerscharfe Geschoss. Die zerborstenen Kästen haben ihr zwar einige unangenehme Blessuren und anscheinend ein verstauchtes Handgelenk eingebracht, aber sie haben ihr vielleicht auch das Leben gerettet. Wäre sie ungeschützt solchen Geschossen ausgesetzt gewesen, sie mag gar nicht daran denken. Schmerzensschreie in ihrer Nähe zeugen davon, dass nicht alle so glimpflich davongekommen sind. Sie kennt diese Art von Schreien. Schreie, die nicht selten bald darauf für immer verstummen.

Stöhnend versucht sie sich zu befreien, als ein eiskalter Schauder über ihren Rücken läuft. Ein heftiger Schmerz schießt durch ihren Kopf und von plötzlicher, unerklärlicher Panik erfüllt, kann sie spüren, wie das Blut durch ihre Adern rast, das Klopfen ihres Herzens dröhnt laut in ihren Ohren, kalter Schweiß steht ihr auf der Stirn und ihr Atem geht stoßweise und unglaublich schnell. Sie kann nur noch daran denken, von hier weg zu kommen. Weit weg. Sofort! Sie öffnet ihren Mund, um zu schreien, aber es kommt kein Ton heraus. Etwas scheint in ihrem Kopf zu explodieren. Bilder tauchen vor ihr auf.

Zwei ineinander verschachtelte Pyramiden. Ein unwirklicher Stern aus schwarzem und weißem Licht glüht vor ihren Augen und scheint immer größer und bedrohlicher zu werden. Irgendetwas Dunkles, Böses lauert dahinter. Wartet darauf, endlich freigesetzt zu werden, zerrt an seinen Ketten. Gierig nährt es sich von Blut und Leid, das zu ihm, in diese feuchte Finsternis fließt. Eine merkwürdige Macht geht vom ihm aus. Ein Ruf, der alles um es herum zu vergiften scheint. Etwas in Chumana will aufstehen und irgendetwas zerschlagen, jemandem wehtun, Blut vergießen. Aber die Angst in ihr ist noch stärker. Wie ein Hase vor dem Wolf will sie nur davon laufen, so lange nur fort von diesem Etwas, bis ihre Beine sie nicht mehr tragen können, aber sie kann nur weiter paralysiert daliegen und diese Vision anstarren.

Dann formt sich ein weiteres, kleines Bild in dem schrecklichen Gleißen des Sterns. Eine kleine, menschliche Form. Ein schwaches Leuchten geht von ihr aus, das immer stärker wird, bis es heller stahlt als die andere Vision und sie verdrängt. Die Statuette!

„Stone“, ein Flüstern, kaum lauter als das Rascheln von Blättern, dann wird ihr schwarz vor Augen.