Nach einem weiteren Schuß aus der perfekten Deckung heraus kommen ihm dann doch Zweifel. "Das ist einfach nicht effektiv genug. Ich warte hier wie ein Ameisenlöwe und hoffe darauf, daß zufällig ein Opfer vorbeikommt. Da muß es doch was besseres geben !" denkt er sich.
Ein gutes Stück weiter befindet er sich bereits unter dem Kanaldeckel einer Seitenstraße. Kein Lärm, kein Krach, kein Geruch, kein Geschrei. Sehr gut !
Vorsichtig öffnet er den Deckel, nachdem er sie Eisenleiter emporgeklettert ist, schaut sich vorsichtig um, und steigt hinaus. So lautlos wie möglich läßt er den Deckel wieder fallen.
Er bewegt sich nun innerhalb dieser Seitengasse aufs "Schlachtfeld" zu. An einer Biegung sieht er eine völlig zertrümmerte, breite Türe. Jemand schreit von innen.
"Ein Giebelhaus ! Sehr gut !" denkt Alrik, als er das Fachwerkhaus hinaufschaut. Er tritt in die Türe ein.
Innen sieht es aus, wie nach einem Sturmangriff. alles ist völlig zerwühlt, Schränke sind umgekippt, von der Rückseite her aufgeschlagen, Schubladen herausgerissen, Kleidung und Tand liegt ungeornet durcheinander.
Von der Quelle dieser Unordnung keine Spur.
Ein Stockwerk weiter nach oben, über eine hölzerne, leicht knarrende Treppe hinauf, sieht es ganz ähnlich aus.
Plötzlich vernimmt er jedoch ein Grunzen aus einem Seitenzimmer.
Als er vorsichtig in das Zimmer hineinschaut, sieht er einen grobschlächtigen Piraten, der sich über eine kleine Schatulle mit blitzendem Gold hinüberbeugt. Er ist zu sehr von diesem Fund angezogen, als daß er Alrik hätte entdecken können.
Sanft wie ein wind steht Alrik schon hinter ihm und rammt ihm den Dolch mit dem Schlafgift in den relativ ungeschützten Rücken.
"WAS ???" dreht sich der Pirat mit einem Blick von Überraschung in seinen Augen um ihn herum, und als er sich gefaßt hat, erhebt er mit wütendem Gesichtsausdruck seine kräftige Faust, um Alrik eins überzubraten.
Doch dazu kommt es nicht mehr. Der Sekundenschlaf hat ihn übermannt, als er ungebremst krachend auf die hölzernen Bodendielen fällt und sofort im Tiefschlaf ist.
Alrik schaut sich weiter um. Im gleichen Gang findet er eine anscheinend total verrammelte Türe. Sie ist stark beschädigt, hält aber immer noch. Er klopft vorsichtig dagegen. "Der Pirat ist außer Gefecht gesetzt !" Sucht euch Messer und Gabeln, um euch zu verteidigen, wenn der nächste Angreifer kommt ! Ich gehe jetzt in den Giebel, weil ich die Piraten von oben treffen will !" ruft er hinein.
Ein schmales hölzernes Treppchen weiter nach Oben ist er im Gibel angelangt.
Von oben, vom Giebelfenster aus, bildet sich ein schauerlicher Anblick. Er hat einen guten Überblick zum Hafenbezirk hinüber. Zerstörte Häuser in der Nachbarschaft, Tote, Blut, viel Blut, erkennbar als rote Flecken, und dazwischen große weiße Flecken. Dazwischen kämpfende Menschen, verzweifelte Schreie, und blutrünstige, gierige Piraten.
Er legt einen Pfeil an. In einiger Entfernung sieht er einen Piraten, der eine Kurtisane über die Schulter geworfen hat, und nun mit ihr flieht - mit einem prall gefüllten Sack in der anderen Hand.
Alrik schießt seinen Pfeil ab.
Das Gift braucht ein paar Sekunden, bis es wirkt. Dann aber läßt der Pirat die Kurtisane plötzlich fallen, und hechtet in Richtung Hafenbecken.
"Wieder einer !" denkt Alrik grimmig, als er Schritte hört. Schnell zieht er seinen Dolch heraus.
Am Ende der winzigen Holztreppe erscheint ein abgekämpfter Familienvater. Er trägt gutbürgerliche Kleidung, aber man sieht es ihm an, daß er gegen den Piraten gekämpft haben mußte. Seine Kleidung ist an einigen Stellen zerrissen, und er wird eine Menge blauer Flecken bekommen. Teilweise kündigen sie sich bereits an.
"Haltet ein !" ruft er Alrik zu, der mißtrauisch bleibt. "Ich will Euch helfen !"
Langsam, so, als ob er zeigen wolle, daß er nichts zu verbergen habe, kommt der Familienvater näher.
"Habt Dank, daß ihr uns von diesem Tier befreit habt..." beginnt er. Alrik unterbricht ihn kurz. "Er leidet jetzt an dem Schlafgift, mit dem mein Dolch präpariert war. Jemand sollte ihn Bewachen und ihm - falls er aufwacht - ordentlich eines über die Rübe geben."
Der Familienvater nickt kurz, dann ruft er in paar Befehle die Treppe hinunter. Eine weibliche Antwort, sowie Kindergeschrei folgen.
Zu Alrik gewandt sagt er : "Zum Dank möchte ich Euch helfen. Ich war einst ein Meisterschütze, bevor ich mich hier in Rechem zur Ruhe gesetzt habe. Wenn Ihr mir eure Pfeile gebt, werde ich mich sicherlich revanchieren können." Er winkt dabei mit seinem Bogen, einem wertvollen Stück, das fällt Alrik sofort auf.
Alrik nickt. Welch ein Zufall ! "Gut," antwortet er, "sehr gut. Ihr könnt sicherlich die Piraten dort unten besser treffen, als ich. Hier habt ihr einige meiner Pfeile. Ein paar möchte ich noch behalten.
Bedenkt, daß auch die Pfeile mit Gift präpariert sind. Faßt nicht die Spitzen an ! Es ist ein Gift, daß die Illusion des innerlichen Verbrennens erzeugt. Sobald es in die Blutbahn gelangt, breitet sich das Gefühl des Brennens entlang der Blutbahnen aus. Das Gift nennt sich T'basco. Damit werdet Ihr die Piraten in die Flucht treiben ! Laßt mich aber auch am Fenster stehen, denn dort unten könnten einige Freunde von mir sein, und ebenfalls gegen die Piraten kämpfen."
Der Familienvater nickt. "Ich heiße übrigens Hattrick," fügt er hinzu.
Als Alrik nickt, stellen sich beide an das Fenster.
Bald läuft der erste Pirat davon. Er hatte versucht, eine leichtbekleidete Kurtisane zu rauben, die ihm nicht viel mehr als ein scharfes Messer entgegensetzen konnte. Sie rennt in Richtung einer Seitengasse.
Ein schwarzgekleideter Pirat hält sich mehrere Minuten lang wacker, bis auch er in Richtung Hafenbecken verschwindet.
So geht es weiter, bis drei Viertel maller Pfeile aufgebraucht sind.
Von weiter unten im Haus hören die beiden nun Stimmen. Mehrere Menschen stampfen die Treppe hinauf. Erschreckt zieht Alrik seinen Dolch, aber nach ein paar Worten einer Frauenstimme senkt Hattrick Alriks Arm. "Es besteht kein Grund zur Beunruhigung," sagt er zu Alrik.
Alrik, wiederum, zweifelt. Ob dies eine Falle ist ?
Ein Hüne, der sich nur so gerade eben in das Giebeldach pressen kann, sowie zwei Frauen - eine davon die Kurtisane von eben, kommen herein. Freudig begrüßen sich Hattrick und der Hüne und umarmen sich sogar. "Sie müssen gute Freunde sein", denkt sich Alrik.
Mit brüllender Stimme meldet sich der Hüne : "Danke, junger Freund, daß ihr uns etwas Deckung gebt ! Wir werden das Haus hier zu einer Verteidigungsbasis machen. Unsere Pfeile sind schnell, scharf und tödlich !" Mit seiner Riesenpranke schüttelt er die Hand des völlig überraschten Alrik.
"Habt Dank !", erwiedert Alrik, aber ich habe da unten auch noch ein paar Freunde !, Könnt Ihr mir helfen, sie aus diesem Schlamassel zu befreihen ?"
"Gewiß doch !" brüllt der Hüne los, "Ihr habt meinem guten Freund Hattrick sehr geholfen, so etwas vergessen wir von der Bogenbauer-Gilde nicht ! Ich werde gleich nach ein paar Leuten schicken, die Euch als Eskorte dienen sollen !"
"Gut, sehr, gut. Exzellent sogar !" Alrik freut sich sichtlich, und trotz der Gefahr zaubert das Angebot ein Lächeln auf sein Gesicht. Selbst der Hüne fängt brüllend an zu lachen.
Er gibt Alrik gleich einen neuen Köcher mit Pfeilen. "Verwendet diese gut ! Es sind unsere Meisterstücke, die extra für solche Notzeiten in userer Waffenkammer liegen !" gibt er ihm zu verstehen. Dann gibt er Hattrick einen weiteren Köcher.
Alrik überlegt kurz, dann gibt er dem Hünen zum Dank eine Phiole. "Dieses Gift erzeugt die Illusion von kleinen, scharf brennenden Flämmchen auf der Haut. Zufdem verursacht er an diesen Stellen ätzende Wunden. Mit sauberem Wasser ist es abwaschbar !
Nehmt dies und haltet blutige Ernte unter den Piraten !"
Mit einer Verbeugung (die ihm etwas schwierig erscheint, läuft er doch eh schon gebückt im Giebel umher) nimmt der Hüne die Phiole in seine Pranke und gibt sie an die Kurtisane weiter. Diese gibt sie an eine junge Kriegerin weiter, die etwas weiter hinter ihnen steht. "Auriane, nimm diese Flasche und beschtreich alle unsere Pfeile, die wir hier haben, damit ! Und dann begleitest du diesen jungen Mann !" Die junge Kriegerin nickt grimmig. Sie hat sich in aller Eile eine leichte Rüstung angezogen, was Alrik daran sieht, daß sie nicht richtig sitzt. Die Kurtisane bekommt der Kriegerin ihren Bgen und einen Köcher voller Pfeile in die Hände gedrückt.
Gerade, als Alrik hinter der Kriegerin halb die Treppe hinunter geht, schreit Hattrick : "Voooorsicht !!!" Dann hören sie ein gewaltiges Krachen, und eine Bombe, so scheint es ihm, ist in einen Teil des Giebeldachs eingeschlagen.
Während das Gebälk schaurig und eschreckenerregend knirscht, bleibt jedoch der Bereich um das Fenster in Ordnung. Außer Holzsplittern hat niemand ernsthafte Blessuren davongetragen.
Um mit seinem Gewicht nicht das Gebälk zum Einsturz zu bringen, geht nun auch der Hüne die Treppe hinunter, mit dem Ziel, im nächsten Haus einen ähnlichen Verteidigungsposten aufzubauen. Dieweil halten die Kurtisane und Hattrick blutige Ernte unter den Piraten.
Unten angekommen, werden Alrik und Auriane, die junge Kriegerin, schon von ein paar weiteren jungen Kriegern begrüßt, die ihre Rüstung ebenfalls in aller Eile angelegt haben. einer von ihnen drückt Alrik wortlos ein Kettenhemd in die Hände, welches jener sofort anzieht. Von einem anderen Krieger bekommt er ein Kurzschwert.
"Auf, Auf !" ruft er dann, und verläßt mit den drei Kriegern das Haus, während ein weiterer von innen die halb zerstörte Türe bewacht.
Zusammen laufen sie in Richtung Hafen.
Bald sehen sie Dranners Wachleute.
Last edited by AlrikFassbauer; 02/02/07 06:42 PM.