Unsicher schaut Blabossa sich an Bord des Elfenschiffs um. Obwohl Glatze ihn angefahren hat, er solle nicht so einen verfluchten Unsinn stammeln, ist er noch nicht überzeugt davon, dass die Elfen keine Untoten an Bord haben. Er weiß doch, was er gesehen hat! Und als sein Blick auf die Treppe fällt, sieht er sie tatsächlich heraufkommen. „Da, da, da!“, lallt er und zeigt mit dem Finger auf die Treppe, „Sie kommen, um uns zu holen. Flieht! Lauft um euer Leben!“

Glatze knurrt ungehalten. Er sieht ebenfalls kurz zur Treppe, aber da ist nichts zu erkennen. „Was soll der Scheiß, du feiger Hund?“, schreit er, doch Blabossa hört schon nicht mehr hin. Seine schreckgeweiteten Augen sind auf die Treppe gerichtet, wo er graue, dürre, geisterhafte Gestalten wahrnimmt, die mit ausgebreiteten Armen auf ihn zuschlurfen. Die Kreaturen haben es zweifellos auf seine Seele abgesehen! Er stolpert zurück und entkommt mit einem schnellen Sprung ins Hafenbecken, bevor Glatze ihn zur Vernunft prügeln kann. Zwei seiner Kameraden folgen ihm, ohne lange zu überlegen.

„Haltet endlich still, ihr verdammten Insekten!“, schreit ein anderer Pirat und schlägt mit seinem Säbel Löcher in die Luft. Der stämmige Kerl neben ihm versucht einen Elfen mit den Worten „Komm, schönes Mädchen, tanz mit mir!“ an der Hand zu fassen. Der Elf hält einen Moment staunend inne, hat dann aber keine Mühe, seinen Gegner kampfunfähig zu machen, indem er ihm ein schweres Schiffstau überzieht und ihn darin einwickelt.

Einohr wundert sich noch, was plötzlich in Heini und Holzbein gefahren ist, da hört er die Stimme seiner Mutter hinter sich: „Hast du dir schon wieder nicht die Ohren gewaschen, du Lausebengel? Und was ist mit deinen Hausarbeiten? Die Schweine knabbern sich schon gegenseitig an, weil du sie wieder nicht gefüttert hast, und der Komposthaufen muss auch mal wieder gewendet werden. Ich glaub, du brauchst schon wieder was mit der Bratpfanne hinter die Ohren, du Taugenichts!“ Bibbernd weicht Einohr zurück. „Ich war's nicht Mami, ganz bestimmt nicht.“ Seine Flucht wird durch die Reling in seinem Rücken behindert. Ein letzter Blick auf die Walküre mit der Bratpfanne, und er rettet sich in die sicheren Fluten.

Aber auch manche der Elfen benehmen sich plötzlich merkwürdig. „Macht doch endlich die Fackeln an!“, ruft einer, „In diesen Zwergenstollen ist es ja so duster wie im Bauch eines Drachen!“. Er tastet wie blind umher und wird im letzten Augenblick von einem Gefährten zurückgerissen, bevor sein verdutzter Gegner die Lage ausnutzen kann.

Eine Elfin schaut verwirrt in die Runde. Sie sieht nur noch wenige Piraten in ihrer direkten Umgebung kämpfen, obwohl es gerade so schien, als würden die Elfen kaum der Übermacht standhalten können. Viele der wüsten Gesellen suchen ihr Heil in der Flucht. Irritiert schaut sich die junge Frau nach der Ursache für diesen Aufruhr um. Als ihr Blick auf den Mast fällt, stockt ihr der Atem. Ein aus Albträumen erwachtes Ungetüm klettert gemächlich daran hinab. Acht riesige behaarte Beine, ein widerlicher aufgeblähter Leib, ein Kopf mit sechs kaltblütigen Augen, die nach Beute spähen, und ein Maul mit gigantischen Fangzangen, aus denen grünes Gift tropft. Fassungslos starrt sie die riesige Spinne mit offenem Mund an. Unfähig zu fliehen oder auch nur zu schreien, verharrt sie wie versteinert mitten in der Bewegung.

Etliche Piraten geraten nach und nach völlig aus dem Häuschen. Manche hechten über Bord, einige liegen bibbernd auf Deck und schützen den Kopf mit den Armen, andere wiederum starren verträumt oder erstarrt Löcher in die Luft. Einigen Elfen, die nicht schnell genug auf Glances Warnung reagiert haben oder zu weit weg waren, ergeht es nicht besser.

Wütend sieht Glatze mit an, wie ein großer Teil seiner Leute durchdreht. Was haben die Elfen da angestellt? Nein, das waren gar nicht die Elfen! Jetzt bemerkt er, wie Locke sich an der Bordwand hochzieht und an Deck springt. „Her mit deinem Gold, du elender Dreckskerl! Das hab ich mir schon immer gewünscht!“, krakeelt der bartlose Zwerg und grinst unverschämt. „Pfoten weg, du Saukerl!“, schreit Glatze zurück, „Das Elfengold gehört mir! Allein mir!“

Seine Gier und die Angst, etwas von der Beute zu verlieren, scheinen ungeahnte Kräfte in dem kahlköpfigen Mann zu mobilisieren. Wie ein Berserker schlägt er um sich, treibt seine elfischen Gegner spielend zur Seite und steuert zielstrebig auf einen kleinen Elfen zu, der nicht weiß, wie ihm geschieht.