Der Hohepriester brütete über der Formulierung, die er dem Schreiber, der an seinem Schreibpult stand, diktieren wollte. Gerade hatte er eine Tirade darüber abgeschlossen inwieweit das Bestehen der Magierakademie auf ihre uralten Rechte der Freiheit der Forschung und Lehre dem Willen Undars und den göttlichen Prinzipien des Glaubens zuwider laufe, als die Tür unvermittelt aufspringt und den gelangweilten Schreiber und ihn aufschreckt.

Zornig wendet sich der Hohepriester den sichtlich erregten Ankömmlingen zu. Bevor er etwas sagen kann, platzt ein Priester als Erster heraus, "Piraten greifen die Stadt an! Im Hafen ist ein Gemetzel, es ist ein Blutbad, sie überrennen Alles!"
Der Hohepriester erbleicht. Sein Blick trifft auf den Wachführer der Tempelritter, der dem Priester auf dem Fuße gefolgt war. "Was steht ihr hier 'rum! Alarmiert eure Männer, bereitet die Verteidigung des Tempels vor! Unsere Schätze - äh - unsere Reliquien, dürfen nicht in die Hände dieser Ungläubigen fallen. Stellt sofort eine Leibwache für mich ab, mindestens 10 Ritter! Und wo ist Tork Emada, warum hat er uns nicht vor einem Angriff gewarnt?"

"Ehrwürden Emada ist in der Stadt", sagte der Priester, "wegen der Unruhen, glaube ich".

"Ich kann Euch keine Leibwache aus Rittern stellen", warf der Wachführer ein. "Ich habe schon nicht genügend kampffähige Leute um die weitläufigen Tempelanlagen zu schützen. Besser wäre ich würde diese zusammenfassen und schnellstens die Stadtwachen vertärken, damit die Piraten nicht weiter vordringen können".

"Was redet ihr für einen Unsinn! Wir haben 100 Ritter!" entrüstet sich der Hohepriester.

"Von denen ihr 50 mitsamt dem Komtur eurem Stellvertreter mitgegeben habt, damit er beim Herzog 'angemessen auftreten' kann, 10 sind mit Bruder Nifel hinter dem Dämonenbeschwörer her, weitere 10 sind mit diversen Aufgaben im Umland unterwegs, und 5 liegen im Lazarett mit Verletzungen. Bleiben 25", antwortet der Wachführer verbissen. "damit kann ich nicht den Tempel verteidigen UND eine Garde für euch stellen. Mit den Priestern ist es ähnlich - Nifel und andere erfahrene Priester habt ihr mit diversen Aufgaben entsandt, 10 begleiten euren Stellvertreter. Wir haben hier noch ein paar Heiler im Lazarett, euren Verwaltungsstab, die Lehrer, und die Novizen. Ansonsten nur Diener, Küchenpersonal, ein paar Stallknechte und Knappen. Wir müssen unsere Kräfte zusammenfassen und die Truppen der Stadt verstärken. Sollten die überrannt werden, haben wir alleine keine Chance".

"Kommt gar nicht in Frage!" Der Hohepriester wirft sich in die Brust. "Ihr bleibt hier bei mir - beim Tempel!" Selbst der Priester schaut irritiert auf den Hohepriester. Was der Ritter sagte, leuchtet ihm ein. "Wenn es doch Verletzte gibt, sollten wir dann nicht die Heiler zur Unterstützung aussenden? Mit dem Segen Undars können wir viel bewirken", wirft er vorsichtig ein.
"Der Schutz unserer heiligen Person hat oberste Priorität!" ruft der Hohepriester aus. Wachführer und Priester schauen sich an, beiden ist die Einzahl nicht entgangen, und schütteln verständnislos den Kopf.

Der Wachführer rafft sich zu einer Entscheidung auf. "Das ist eine rein militärische Entscheidung - die Lage ist zwar nicht ganz klar, aber jegliche Invasion muß am Anfang abgefangen werden! Als Ranghöchster werde ich die Ritter in den Kampf führen und alle Priester, die uns unterstützen wollen mitnehmen. Der Rest soll die Evakuierung des Tempelpersonals in die Garnison durchführen. Dort ist eine Verteidigung eher möoglich, wenn es zum Schlimmsten kommt!" Damit wendet er sich ab und geht. Nach kurzem Zögern folgt ihm der Priester wortlos.



In times of crisis it is of the utmost importance not to lose your head (Marie Antoinette)