Erleichtert nimmt Feldwebel Dranner zur Kenntnis, dass es der Hüter offenbar aus eigener Kraft geschafft hat, durch die Reihen der Piraten durchzubrechen. Und auch der elfischen Prinzessin scheint es gelungen zu sein, Anschluss an seine kleine Truppe gefunden zu haben. Beide sehen ziemlich zerzaust aus, schienen aber keine schwerwiegenden Verletzungen davongetragen zu haben. Und hier bei seinen Männern, im zentrum des Widerstandes, stellen sie eine wertvolle Unterstützung dar, die die Kampfkraft der zahlenmäßig unterlegenen, aber entschlossen kämpfenden Truppe stark erhöht.
Kurz nickt er dem Krieger zu. "Ich freue mich, dass Ihr es bis zu uns geschafft habt!" Doch der Hüter ist schon wieder mit einem neuen Gegner beschäftigt.
Abgelenkt durch das kleine Intermezzo, wäre Dranner fast dem Dolch eines ganz in Schwarz gekleideten Piraten zum Opfer gefallen. Erst im letzten Augenblick kann er den Schwertarm herunterreißen und den Dolch mit dem Knauf seiner Waffe seitlich wegschlagen. Dabei dreht er seinen Körper etwas ein. Der Schwarzgekleidete - offenbar ein Profi - nutzt diese Gelegenheit und tritt dem Feldwebel gegen den Fuss, so dass dieser ein Stück wegrutscht. Für einen kurzen Augenblick kämpft der erfahrene Wächter um sein Gleichgewicht - Zeit genug für den Schwarzgekleideten, den praktisch Wehrlosen mit einem schnellen Stoss niederzumachen.
Dranner sieht den Dolch kommen, ist jedoch nicht in der Lage, ihn abzuwehren. Für einen kurzen Moment scheinen alle Geräusche zu verstummen und die Zeit stark verlangsamt abzulaufen. Die Todesnot steigert die Sinne des Feldwebels, und er sieht alles überdeutlich.
Dann kehrt er wieder ins Hier und Jetzt zurück.
Der Schwarzgekleidete stolpert zur Seite, und sein Dolchstoß geht fehl. Unglauben steht in den Augen des Piraten, der Mund ist weit geöffnet. Langsam tastet er mit der anderen Hand nach seiner Schulter, wo am Halsansatz der gefiederte Schaft eines Pfeils schräg nach oben ragt. Der Dolch entgleitet seinen kraftlosen Fingern, er richtet einen letzten, anklagenden Blick auf Dranner, dann bricht er zusammen.
Auch Dranner ist überrascht. Keiner seiner Männer benutzt einen Bogen - die Wache setzt ausschliesslich Armbrüste ein, die weniger Übung und Kraft im Umgang erfordern. Außerdem musste der Pfeil von einem oberen Fenster abgeschossen worden sein.
Der Feldwebel ist plötztlich von Stolz erfüllt. Warm rinnt das Gefühl durch seine Adern und lässt neue Kraft in seinen müden Muskeln erwachen. Das waren die Bürger seiner Stadt! Die liefen nicht einfach davon! Die setzten sich zur Wehr!
"Haltet die Linie! Bleibt zusammen!" schreit er gegen den Lärm der Schlacht an. "Mut, nur Mut! Verstärkung ist unterwegs! Wir sind nicht allein!"
Mit neuem Elan wirft er sich wieder ins Getümmel. Seine Axt saust auf einen Piraten zu, der abwehrend den schweren Säbel hebt. Doch vermutlich hätte keine gewöhnliche Waffe im Universum diesen mit der ganzen Kraft Rechems geführten Schlag aufhalten können. Das von zahlreichen Kerben gezeichnete Axtblatt zerfetzt den Säbel ohne merklich an Wucht zu verlieren, dringt dem überraschten Piraten in der Schulter in den Leib, zerschneidet Knochen, Sehnen und Fleisch und fährt an der Hüfte wieder heraus. Regelrecht in zwei Teile gehauen fällt der Getroffene tot zu Boden.