Verwünschungen und laute Flüche folgen der von Hauptmann Frollo angeführten Reiterschar, die in vollem Galopp rücksichtlos durch die zum Hafen führende Hauptstraße prescht. So mancher, der sein Heil vor den Piraten in der Flucht sucht, wird nun von der eigenen Miliz niedergeritten und kann sich noch glücklich schätzen, wenn er nicht unter den trommelnden Hufen der Pferde sein Leben verliert. Aber auch eine Gruppe Männer, die energisch und mit großer Entschlossenheit einen der zahlreichen Brandherde bekämpfen, gerät in den Sturm der Reiterei und wird gnadenlos überrannt.
Viele der Milizionäre sind bleich und pressen die Lippen hart zusammen, einige ziehen gar den Kopf zwischen die Schultern. Zum Manövrieren ist in der dicht aufgeschlossenen Reitergruppe kaum Platz - wer nicht rechtzeitig zur Seite springen kann, gerät unweigerlich unter die Pferde. Wenn Rechem diese Schlacht überstehen sollte, dann würde dieser Ritt der Miliz nicht so schnell vergessen oder verziehen werden. In diesem Teil der Stadt könnte sich ein Milizionär nicht mehr sehen lassen. Die Männer wissen das, und die Qual zwischen Gehorsam und Gewissen steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Letzlich ist es jedoch die Angst vor Hauptmann Frollo, die sie vorantreibt. Er allein, der den anderen um eine Pferdelänge voraus ist, scheint keinerlei Skrupel zu haben. Erbarmungslos treibt er sein Tier an, stößt ihm immer wieder die eisenbeschlagenen Stiefel in die Flanken und fegt alle zur Seite, die in seinem Wege stehen, ohne auch nur einmal den Versuch zu unternehmen, sein Tier zu zügeln oder auszuweichen.
"Aus dem Weg, Pack!" brüllt er immer wieder, ohne sich um die Schmerzensschreie der Getroffenen zu scheren.
Voraus schlagen Flammen von der Straße empor. Dort müssen offenbar einige Brandgeschosse eingeschlagen sein. Dahinter sind nur schwach schemenhafte Gestalten zu erkennen, doch dem Lärm nach zu urteilen findet jenseits des Feuers ein erbitterter Kampf statt. Einige der Feuer sind bereits teilweise heruntergebrannt, doch an den Seiten der Straße, dort, wo die alten Fachwerkhäuser beginnen, züngeln Flammenzungen an den vom Alter schwarz verfärbten Holzbalken empor. Wenn hier nicht schnell etwas unternommen wird, steht bald die ganze Straße in Flammen.
"Drauf und durch!" brüllt vorne Hauptmann Frollo und wirbelt sein Breitschwert um den Kopf. Umbarmherzig jagt er das Pferd durch die Flammen, gefolgt von den eingeschüchterten Milizionären, deren Furcht vor Frollo noch immer größer als ihre Vernunft ist.
Die Feuersbrunst ist nur schmal, und die Männer und Pferde passieren sie unbeschadet. Die Straße vor ihnen ist mit Gefallenen und Sterbenden bedeckt, zwischen denen Bürger und einige wenige Magier umhereilen, offenbar um die Verwundeten zu bergen und ihnen zu helfen. Ohne Rücksichtnahme jagt der Hauptmann sein Pferd dort mitten hindurch, hin zu der erbarmunglos geführten Schlacht, die dahinter tobt.
In lockeren Gruppen stehen Wächter und bewaffnete Bürger dort, die in einem fließenden, stellenweise auch hektisch wirkenden Muster immer wieder in das Handgemenge weiter vorne eingreifen, Erschöpfte oder Gefallene ablösen oder Verwundete aus dem Gemetzel ziehen. Noch weiter vorne ist eine fast gerade Linie von dicht an dicht stehenden Wächtern zu erkennen, die hier und da immer wieder aufbricht, kurz darauf aber wieder geschlossen wird. Und vor dieser Linie blitzen die Rüstungen und Waffen der Tempelritter im unsteten Feuerschein der nahen Brände.
"Zum Angriff! Aus dem Weg, ihr Feiglinge" brüllt Frollo mit sich fast überschlagender Stimme und bricht, sein Pferd weiter antreibend, in die Gruppe der locker stehenden Bewaffneten ein. Sofort greift unter den Männern, die sich im Rücken angegriffen wähnen, wilde Panik um sich.
Doch nun endlich scheinen einige die Milizionäre zur Vernunft zu kommen. Der Anblick der unifomierten Wächter, die dort vor ihnen eine fast geschlossene Linie halten und die Piraten offenbar Schritt für Schritt zurückdrängen, hat ihnen die verheerende Wirkung ihres schlecht geplanten Angriffs vor Augen geführt. Das hier sind die eigenen Kämpfer, die man niedermacht!
Pferde wiehern schrill und bäumen sich auf, als etliche der Männer versuchen, ihre Rösser aus vollem Lauf zurückzureißen. Die Nachfolgenden prallen auf die Zögernden, Pferde und Männer stürzen. Einige der Männer schaffen es jedoch, dem wilden Durcheinander aus schreienden Milizionären und um sich schlagenden Pfedeleibern zu entgehen und den Angriff fortzusetzen.
Die Wirkung ist verheerend. Viele der Männer werden umgerissen oder versuchen auszuweichen, was aufgrund der Enge nicht gelingt. Die Entsetzensschreie steigern sich zu einer infernalischen Geräuschkulisse, die sogar das Toben der Schlacht übertönt. Und noch immer stürmen Frollo und die wenigen ihm verbliebenen, unbelehrbaren Reiter voran, die Pferde zu einer letzten Kraftanstrengung anspornend.