Die Linie der Verteidiger hat sich nach dem schicksalsschweren Reiterangriff fast vollständig in zahlreiche Einzelkämpfe aufgelöst, aber Feldwebel Dranner ist es gelungen, eine Gruppe entschlossener, von der Panik nicht betroffener Wächter um sich zu sammeln, die sich gemeinsam dem Ansturm entgegenstellt und der es tatsächlich gelingt, ihre Stellung zu behaupten. Unter dem Schutz des Schmieds und seiner Söhne, die unermüdlich mit ihren schweren Schmiedehämmern die Piraten auf Distanz halten und so immer wieder kleinen Abschnitten der Front etwas Luft verschaffen, dehnt der Veteran dieses Zentrum des Widerstandes an den Flanken immer mehr aus. Dadurch gelingt es zahlreichen versprengten Einzelkämpfern, unter ihnen einigen Milizionären, zu der Gruppe aufzuschließen. Durch den Erfolg motiviert, schöpfen die Männer um Dranner herum neuen Mut und es gelingt ihnen, zumindest im linken Teil der Straße wieder eine halbwegs geschlossene Verteidigungsfront zu bilden. Die rechte Flanke dagegen geht in ein heilloses Chaos über, hier ist der Zusammenhalt der Verteidiger inzwischen vollständig zusammengebrochen und jeder kämpft für sich allein. Beinahe ungehindert strömen etliche Piraten durch die entstandene Passage und treffen auf jene Milizionäre, die ihre Pferde rechtzeitig zügeln konnten, in dem sich ergebenden Durcheinander aus stürzenden, scheuenden und durchgehenden Tieren die Kontrolle jedoch vollständig verloren haben. Führerlos und nach dem katastrophalen Reiterangriff noch immer unter Schock stehend stellen sie sich den triumphierend brüllenden Piraten nur zaghaft und ungeordnet entgegen oder suchen ihr Heil in der Flucht.
Der Ruf des Leutnants erreicht Dranner gerade, als er und seine Gruppe an der rechten Flanke versuchen, zwei verzweifelt Rücken an Rücken kämpfende Wächter vor den nachdrückenden Piraten abzuschirmen. Hatte dieser Mensch denn völlig den Verstand verloren? Wie konnte er erwarten, dass er zu dessen exponierter Position durchbrach und das Erreichte damit gefährdete! Sah er nicht, dass in der jetzigen Situation ein Angriff praktisch ausgeschlossen war und die Schlacht auf Messers Schneide stand? Frollo hatte schon genug Schaden angerichtet - sollten ihn die Piraten doch in Stücke schneiden! Entrüstet wirft Dranner einen kurzen Blick zu dem Kommandeur der Wache, der einige Schritte entfernt von einer Übermacht Piraten bedrängt wird.
Ein kurzer Fluch entfährt dem Feldwebel. Der Leutnant ist ein starker Kämpfer, der im Nahkampf weniger auf Geschick als auf seine pure Körperkraft setzt. Widerwillig muss Dranner anerkennen, dass der unbeliebte Kommandeur wie ein Bollwerk vor der neu entstandenen Verteidigungslinie steht und eine ganze Reihe Piraten bindet. Die Kraft der erneuten Angriffswellen, die gegen die neu aufgebaute Schlachtordnung anstürmen, ist dadurch geschwächt. Mit seinem stoischem Ausharren mitten unter seinen Gegnern und seinem Kampfgeschick hat Frollo Dranner erst die nötige Zeit verschafft, die Verteidigung zu reorganisieren, auch wenn der Feldwebel überzeugt ist, dass er sich der Bedeutung seiner Aktion nicht bewusst ist.
"Dranner!" gellt es von vorne, wo der Leutnant in immer stärkere Bedrängnis gerät. Frollo mag ein Mistkerl sein, dem das Wohlergehen der Stadt und ihrer Bewohner herzlich egal ist, aber wenigstens momentan stellt er eine wertvolle Unterstützung für die Verteidiger dar. Ihn kaltblütig seinem Schicksal zu überlassen käme in Dranners Augen einem Verrat gleich, auch wenn der Mistkerl den Tod mehrfach verdient hat. Außerdem will Dranner Frollo vor einem ordentlichen Gericht sehen. Der Leutnant soll keine Gelegenheit erhalten, sich der Gerechtigkeit durch den Heldentod im Kampf gegen eine Handvoll Schurken zu entziehen - wenn er den Tod findet, dann soll es durch den Scharfrichter geschehen. Für das, was er der Stadt angetan hatte, soll er büßen – und wie ein Blitzschlag trifft Dranner die Erkenntnis, dass der Leutnant dazu diese Schlacht überleben muss!
Erschöpft fährt sich Dranner mit der Hand über das schweißnasse, blutbespritzte Gesicht. Ein Vorstoß zu Frollos Position würde der so mühsam aufgebauten Verteidigung vermutlich endgültig das Rückgrat brechen. Seine Männer waren erschöpft, die Reserven durch das Vorpreschen der Miliz zerschlagen. Jetzt aus der einigermaßen kräfteschonenden Verteidigung heraus einen Ausfall zu unternehmen würde vermutlich viele das Leben kosten – und das für Leutnant Frollo, dem sie diese aussichtslose Situation höchstwahrscheinlich überhaupt erst zu verdanken hatten. Widerstreitende Gefühle ringen in Dranner miteinander – einerseits verlangt es ihn danach, den skrupellosen Leutnant am Galgen baumeln zu sehen, andererseits erscheinen ihm die Verluste, mit der diese Gerechtigkeit erkauft werden muss, zu hoch. Gehetzt und hilfesuchend blickt er sich um. Die Milizionäre! Die meisten der Männer sind noch immer verwirrt und ziellos und leisten daher kaum einen sinnvollen Beitrag in dieser Schlacht. Doch sie sind frisch - wenn er wenigstens einen Teil der Männer dazu bringen kann, mit ihm vorzustoßen, dann würde dadurch die mühsam wenigstens bruchstückhaft wiederhergestellte Schlachtordnung nicht gefährdet werden.
Der Feldwebel legt einem fähigen jungen Korporal, der die ganze Zeit an seiner Seite gewesen war, die Hand auf die Schulter und blickt ihm in die Augen. "Du hast hier jetzt das Kommando!" sagt er heiser.
"Verdammt!" entfährt es dem Jüngeren, der die Absicht des alten Feldwebels erkannt hat. "Das ist doch Wahnsinn!"
"Miliz hört auf mein Kommando!" brüllt Dranner über den Lärm der Schlacht hinweg, ohne auf den Einwurf des Korporals zu reagieren. Die meisten der verstreut kämpfenden Männer sind zu verwirrt, um auf Dranners Kommando zu reagieren, doch einige wenige wenden sich ihm tatsächlich zu. Das Entsetzen über die Auswirkungen ihres Reiterangriffs steht ihnen noch immer ins Gesicht geschrieben. Eine handvoll Männer! stellt Dranner fest. Das wird reichen müssen. "Das ist eure Chance, euch von eurer Schuld reinzuwaschen!" knurrt er den betretenen SOldaten entgegen. Und tatsächlich – in einigen Gesichtern taucht ein Hoffnungsschimmer auf, und als Dranner ein grimmiges "Vorwärts!" brüllt und einen Piraten mit der Axt zur Seite fegt, nimmt die kleine Gruppe aus Milizionären den Ruf auf und stürmt neben dem Feldwebel mitten in die Angreifer hinein.