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Für den stimmlosen s-Laut nach kurzem Vokal schreibt man ss.

Das stimmt nicht so ganz. Korrekt müßte die Regel der neuen Rechtschreibung lauten "Für den stimmlosen s-Laut nach kurzem Vokal schreibt man genau dann ss, wenn man nach alter Rechtschreibung ß schrieb." Woran man wieder sieht, wie durchdacht das ganze ist. Finsternis, Bedürfnis, u.a. schreibt man weiterhin mit einem s, obwohl die Mehrzahl Finsternisse, Bedürfnisse lautet.
Das heißt jetzt nicht, daß ich Finsterniss schreiben will. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />

Ich denke, Du zitierst mich da in meinem letzten Beitrag... das ist nur eine Kurzform der Regeln, die ich weiter oben erläutert hatte... die wiederum selbst nicht alle betreffenden Regeln umfaßten. Die korrekte Form lautet:

Für den stimmlosen s-Laut nach kurzem Vokal schreibt man ss. [color:"red"]Das gilt auch im Auslaut der Wortstämme[/color].

Das Rote ist neu, der Rest ist alte Rechtschreibung. Das Neue an der Regel betrifft solche Worte wie "daß = dass" oder "muß = muss".

Was die Beispiele Finsternis und Bedürfnis angeht, gibt es auch eine Regel:

Wörter auf -nis und bestimmte Fremdwörter werden nur mit einem s geschrieben, obwohl ihr Plural mit Doppel-s gebildet wird. Beispiele:
- Zeugnis (trotz: Zeugnisse)
- Geheimnis (trotz: Geheimnisse)
- Bus (trotz: Busse)
- Atlas (trotz: Atlasse)


Dies ist nicht reformiert worden sondern Teil der alten Rechtschreibung.

(alle Regeln sind © 2000 Dudenverlag)


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Wenn irgendjemand die Rechtschreibung nicht richtig beherrscht, dann ist mir das mittlerweile völlig egal (ich habe mich lange genug darüber aufgeregt). Erst aus diesem Gedanken entsteht ja das Bedürfnis, die Rechtschreibung zu vereinfachen. Und daraus wurde dann ein Zwang, der diejenigen einschränkt, die die Sprache zu gebrauchen verstehen, anstatt gerade diesen die Freiheit zu lassen. Es kann uns doch völlig egal sein, wenn irgendjemand, von dem wir eh nie etwas lesen werden, nicht richtig schreiben kann.

Mit Verlaub gesagt, daß ist eine recht selbstgefällige und egoistische Einschätzung der Lage. Die Tatsache, daß Du mit der Rechtschreibung wenig bis gar keine Probleme hast, bedeutet ja nicht, daß die Rechtschreibung an sich OK ist. Daß es Dir egal ist, mag verständlich sein, aber Du bist eine Einzelperson und nicht die Gesamtheit aller Personen, die Deutsche sprechen.

Ganz abgesehen davon sehe ich nicht wirklich, inwiefern die neue Rechtschreibung "diejenigen einschränkt, die die Sprache zu gebrauchen verstehen" - in höherem Maße als die alte Rechtschreibung. Die Regeln sind grundsätzlich die gleichen mit - im Vergleich zu ihrer Gesamtmasse - wenigen Veränderungen. Und einige dieser Veränderungen bringen sogar weitere Freiheiten, die Du ja scheinbar schätzst. Die Kommaregeln z.B. sind nicht mehr so streng wie bisher, sondern lassen dem Schreiber oft die Wahl, wann ein Komma gesetzt werden soll und wann nicht. Ich persönlich finde das eher schlecht, aber es ist wahrlich keine Einschränkung.

Das alles heißt jetzt nicht, daß ich die jetzige "Reform" gutheiße, aber auch nicht, daß ich gar keinen Bedarf für eine richtige Reform sehen würde. Für ein so wundervolles Werkzeug wie die Sprache gibt es schlichtweg zu viele Regeln - vor und nach dieser Reform. Und die Regeln schaffen es nicht, alles unter einen Hut zu bringen. Stattdessen gibt es zu jeder Regel eine Ausnahme. Insofern würde eine Reform gut tun, die diesen Namen auch verdient - die nämlich mit der Regel- und Ausnahmewut Schluß macht.


Nigel Powers: "There are only two things I can't stand in this world. People who are intolerant of other people's cultures... and the Dutch!"