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Mit Verlaub gesagt,daß ist eine recht selbstgefällige und egoistische Einschätzung der Lage. Die Tatsache, daß Du mit der Rechtschreibung wenig bis gar keine Probleme hast, bedeutet ja nicht, daß die Rechtschreibung an sich OK ist. Daß es Dir egal ist, mag verständlich sein, aber Du bist eine Einzelperson und nicht die Gesamtheit aller Personen, die Deutsche sprechen.

Ganz abgesehen davon sehe ich nicht wirklich, inwiefern die neue Rechtschreibung "diejenigen einschränkt, die die Sprache zu gebrauchen verstehen" - in höherem Maße als die alte Rechtschreibung. Die Regeln sind grundsätzlich die gleichen mit - im Vergleich zu ihrer Gesamtmasse - wenigen Veränderungen. Und einige dieser Veränderungen bringen sogar weitere Freiheiten, die Du ja scheinbar schätzst. Die Kommaregeln z.B. sind nicht mehr so streng wie bisher, sondern lassen dem Schreiber oft die Wahl, wann ein Komma gesetzt werden soll und wann nicht. Ich persönlich finde das eher schlecht, aber es ist wahrlich keine Einschränkung.

Das alles heißt jetzt nicht, daß ich die jetzige "Reform" gutheiße, aber auch nicht, daß ich gar keinen Bedarf für eine richtige Reform sehen würde. Für ein so wundervolles Werkzeug wie die Sprache gibt es schlichtweg zu viele Regeln - vor und nach dieser Reform. Und die Regeln schaffen es nicht, alles unter einen Hut zu bringen. Stattdessen gibt es zu jeder Regel eine Ausnahme. Insofern würde eine Reform gut tun, die diesen Namen auch verdient - die nämlich mit der Regel- und Ausnahmewut Schluß macht.

Ich verstehe Deine Argumentation irgendwie nicht so ganz. Einerseits nennst Du es egoistisch, wenn es mich nicht stört, wenn jemand anderes Fehler macht, andererseits willst du mit der Regelwut Schluß machen. Wo ist da der Unterschied?
Mich stört es eben nicht, wenn irgenjemand den Unterschied zwischen "frisch gebacken" und "frischgebacken" oder "leid tun" und "Leid antun" nicht kennt, aber es gibt genug Leute, die ihn kennen, und diesen will ich die Möglichkeit lassen, ihn auch einzusetzen, und diese wird ihnen durch die Rechtschreibreform genommen. Eine Anpassung auf unterem Niveau, und das wäre das von dir geforderte Ende der Regel- und Ausnahmewut, darf meiner Meinung nach einfach nicht das Ziel sein. Ein Belassen der alten Regeln, mit ein wenig mehr Toleranz gegenüber Leuten, die sie halt nicht vollständig beherrschen, würde doch jedem die Möglichkeit geben, sich angemessen auszudrücken, oder?


"In jedem Winkel der Welt verborgen ein Paradies"