Fenwulf: Tja, genau da liegt der Hase begraben. Ist es wirklich versteckte Sozialkritik oder doch eher - wie ich es sehen - populistisches Anbiedern an die momentan bekanntlich ziemlich patriotisch gestimmten Amerikaner?

Aber um auf Nems Beitrag näher einzugehen (ich liebe StarTrek-Diskussionen! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/biggrin.gif" alt="" />):
1. Den Xindi-Handlungsstrang finde ich aus mehreren Gründen schlecht: Einmal, weil dadurch für meinen Geschmack fast alle moralischen Grundsätze über Bord gehen. Aber darauf werde ich später noch mal näher eingehen. Außerdem, weil dadurch gleichzeitig alle anderen Handlungsstränge der ersten beiden Staffeln fast komplett in den Hintergrund treten (mal abgesehen von der IMHO sehr gelungenen Andorianer-Folge vor kurzem).
Grundsätzlich bin ich keineswegs GEGEN solche Handlungsstränge, ganz im Gegenteil. Bei DS9 fand ich das sogar richtig toll. Aber der hier gefällt mir einfach nicht. Mal ganz davon abgesehen, daß ich die sich abzeichnende Schwarz-Weiß-Malerei bei den Xindi (Reptilien und Insekten sind natürlich böse, während die humanoiden Xindi eigentlich gut sind ...) ziemlich klischeehaft finde.
2. Yep, ich bin mir auch sicher, daß man mit Archer einen neuen Kirk kreiren wollte. Bloß, daß ich Kirk immer noch wesentlich charismatischer fand (und vor allem humorvoller). Natürlich hast du recht, daß Kirk es mit Pille und Spock leichter hatte, außerdem stört mich persönlich auch noch Archers etwas quäkige deutsche Synchronstimme (die dir vermutlich wurscht ist, da du offenbar die Originalfassungen anschaust <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />).
3. Reed: Okay, ich sage mir auch immer wieder: Vergiss´ nicht, daß es noch keine Föderation gibt! Es gibt einfach noch keine so überlegten Grundsätze, nach denen sich Archer richten müsste oder könnte und das schlägt sich natürlich auch in der Crew und vor allem in Reed nieder. Ist er realistisch dargestellt? Vermutlich. Das ändert aber nichts daran, daß ich ihn nicht leiden kann ... <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" /> Außerdem ist auch er für meinen Geschmack viel zu klischeehaft dargestellt: Der typische Waffennarr, natürlich häufig kurzsichtig und unvernünftig, will am liebsten immer erst schießen und dann fragen - noch ein Cowboy ...
4. T´Pol: Yep, ich mag sie auch. Sie sieht nicht nur toll aus, sie (soll heißen: Jolene Blalock) hat IMHO sogar mit die größten darstellerischen Fähigkeiten der Crew. Trotzdem erinnert sie mich - wie hier ja auch schon angesprochen wurde <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" /> - eher an eine Romulanerin als an eine Vulkanierin.
Bei Mayweather, Phlox, Trip und Hoshi sind wir uns ja soweit einig.
5. Das ist vielleicht tatsächlich ein Problem, das vor allem ich habe: Wenn ich StarTrek sehe, will ich kein Spiegelbild der Realität! Das StarTrek von Gene Roddenberry war letztlich eigentlich immer eine idealisierte Zukunft - und darin haben Folter oder Präventivschläge einfach keinen Platz, vor allem dann nicht, wenn sie so unreflektiert und ohne Kritik gezeigt werden wie in dieser 3. Staffel. Tut mir leid, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß ein Picard oder ein Sisko, wahrscheinlich nicht einmal ein Kirk so etwas getan hätten wie Archer in dieser Staffel.
Fast noch schlimmer finde ich allerdings, daß die gesamte Crew das genauso zu sehen scheint, wie gerade in "Brutstätte" klar wurde. Ich hatte immer noch erwartet, daß wenigstens IRGENDJEMAND - vielleicht T´Pol oder Hoshi - Archers Drang, die unschuldigen Babys zu retten, verstehen würde. Daß das Drehbuch natürlich so hingedreht wurde, daß es letztlich zu einer Entscheidung "40 feindliche Babys oder die Erde" wurde, ist für mich nur eine faule Ausrede der Autoren für die Handlungen der Crew. In DS9, TNG oder VOY wäre den Handelnden garantiert noch irgendeine wundersame Möglichkeit eingefallen, BEIDE zu retten ...
Ein wunderbares Gegenbeispiel dafür ist übrigens die Serie "J.A.G.". Da gab es gestern auch eine Episode, die moralisch durchaus fragwürdig erschien. Allerdings ist die Serie klugerweise so konzipiert, daß sämtliche Hauptcharaktere so dermaßen unterschiedlich sind, daß vermutlich jeder Zuschauer in jeder möglichen Situation sich immer mit mindestens einer der vertretenen Ansichten identifizieren kann. Diese Meinungsvielfalt fehlt in "Enterprise" einfach.
6. Warum würden die Vulkanier nicht zum Zeitraum passen? Immerhin hatten sie nunmal den "ersten Kontakt" mit den Menschen. Und langweilig? Finde ich nicht. Vor allem, wenn man bedenkt, daß die Vulkanier in den letzten beiden Serien DS9 und VOY so gut wie gar keine Rolle gespielt haben, hätte ich durchaus nichts dagegen, wenn sie wieder etwas öfters auftauchen würden. Und gerade der Konflikt mit den Andorianern würde dafür ausreichend Stoff geben. Und die Klingonen? Na gut, ich geb´s ja zu: Ich mag die einfach! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/biggrin.gif" alt="" />
Wegen mir könnten auch noch die Cardassianer und die Ferengi (dauerhaft) auftauchen, aber das ist ja leider ziemlich schwierig ... <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />
7. Die moralischen Grundsätze. Beispielsweise: Erst denken, dann schießen. Oder: Niemals foltern und auch nicht androhen. Immer alles versuchen, um Unschuldige zu verschonen und Kriege zu vermeiden.
Gut, die Direktive der Nichteinmischung existiert noch nicht.
Vielleicht liegt es ja auch irgendwie an meiner persönlichen Weiterentwicklung (immerhin war ich noch Teenager, als ich TNG oder DS9 gesehen habe), aber ich kann mich nicht erinnern, bei diesen Serien jemals ernsthaften moralische Bauchschmerzen bekommen zu haben. Obwohl ich TNG insgesamt nicht sonderlich mag, muß ich auch Pat zustimmen, daß Picard der vermutlich beste - weil tiefgründigste - StarTrek-Captain ist. Selbst wenn er etwas machen mußte, was moralisch fragwürdig erschien, konnte man ihm (zumindest meiner Erinnerung nach) immer den inneren Kampf ansehen. Kann natürlich auch gut daran liegen, daß Patrick Stewart ein etablierter Shakespeare-Darsteller ist, während sich die Karriere von Scott Bakula mehr oder weniger komplett im Fernsehen abspielte ...

8. Und schließlich: "Azati Prime". Okay, eine gute Folge. Fast schon sensationell, daß Archer diesmal tatsächlich ECHTE Gewissensbisse zeigen durfte, auch wenn das nach der bisherigen Entwicklung fast schon wieder unglaubwürdig wirkt. Aber gestehen wir Archer einfach mal zu, daß er seine Gefühle bislang verbergen konnte ...
So langsam interessiert mich jedoch wirklich, was mit T´Pol ist - übrigens mal wieder typisch, daß so eine Cliffhanger-Episode natürlich am Sonntag läuft, wo man eine Woche bis zur Fortsetzung warten muß ... Murphy läßt grüßen. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" /> Ansonsten gab es ein paar übliche Logikfehler (daß zunächst Trip und Mayweather und später auch Archer im Grunde genommen völlig problemlos in diesen "Sicherheits-Gürtel" rein- und im ersteren Falle auch wieder rauskommen, erscheint mir wenig plausibel) und Archers anfängliche Sturheit gegenüber Daniels fand ich auch nervig. Aber ansonsten war es wirklich mal wieder eine gute Episode - meiner Meinung nach nicht die beste der Staffel, aber immerhin (das muß ich der Serie zugutehalten) scheinen tatsächlich alle Handlungsfäden am Ende verknüpft zu werden. Noch bei VOY dominierten ja eher die komplett in sich abgeschlossenen Episoden, die später nie wieder erwähnt wurden.
Ich bin gespannt, wie es weitergeht, freue ich mich aber trotzdem, wenn der Handlungsstrang dann endlich zu Ende sein wird. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/winkwink.gif" alt="" />

Puh, ist lang geworden ...

Last edited by Ralf; 07/02/05 11:09 AM.