Wissenschaftler haben herausgefunden, dass nur die Kombination aus sehen UND hören beim Menschen dafür sorgt, sich Erzählungen und Geschichten exakt einprägen zu können. [...]
Bei den Aboriginals dient Musik nicht wie bei uns zur Unterhaltung oder als künstlerische Zerstreuung - sondern einzig dem Zweck, Geschichten zu erzählen.
Reste davon findet man noch in Gedichten, den fast ausgestorbenen Singspielen und ähnlichem.
Bei Gedichten bieteten kongenial der Musik - Reime - zuerst Stabreime, später zunehmend komplexere Formen, nehme ich an - eine Art Anhaltspunkt im Text selbst - Rhythmus, Satzmelodie, Klang von Wörtern. Es würde mich nicht wundern, wenn Dichter in früheren Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden viel mehr & stärker auf Klänge von Wörtern geachtet hätten, als wir es heute tun (und das auch fast nur noch in der Werbung). So gesehen ist die Werbung sozusagen ein schwacher Schatten einer möglicherweise früher viel stärker ausgeprägten "Word-Awareness", wie ich es einmal nenne, weil mir kein dazu passender deutschsprachiger Ausdruck einfällt (das Wort "Aufmerksamkeit" enthält nicht alles das, was ich will; das Wort "Awareness" ist für mich in der Bedeutung stärker).
Schaut man sich zum Beispiel die Generationenlisten der Bibel oder den Schiffskatalog in der Ilias an, so haben beide gemeinsam, daß sie eine zum Teil identische Wortwhl über mehrere - wir würden heite Verse dazu sagen - hinweg beibehalten. Das ist sowohl für den Geschichtenerzähler leichter zu merken, als auch für den Hörer auch. Es würde mich einmal interessieren, welche Techniken professionelle Geschichtenerzä-hler einsetzen - solche in Ländern, in denen es das tatsächlich noch als professioneller Beruf gilt (Senegal zum Beispiel).
Auch das Verwenden von Vokalen stelle ich mir in dieser Sicht interessant vor. Sie könnten eine Rede oder Geschichte durch ihre unterschiedlichen Töne vielfach bereichern - ich bin mir ziemlich sicher in der Annahme, daß die Menschen früher viel feinsinniger auf solche Details geachtet haben. Früher gab es keinen Verkehrslärm, der mühsam vom Gehirn rausgefiltert werden mußte. Es gab nur die Geräusche der Natur (und die kleinerer Menschenansammlungen).
Je stärker das Gehör und die dazugehörigen Gehirnregionen belastet werden, desto mehr fallen solche Unterschiede im Klang weg : wenn das Gehirn mit der gleichen intensität auf solche Details reagieren würde, wie es dem Lärm ausgesetzt ist (Schmiede !), würden die Menschen den Lärm noch viel weniger aushalten können, als sie es eh schon nicht tun. Wir stumpfen ab.