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An anderer Stelle schon erwähnt - die dumme Idee der türkischen Regierung ein schwelendes Feuer zu einem Flächenbrand aufzufachen (dabei ist die Zerstörung des relativen Friedens kurdischen Nordirak nur ein Argument - viel schwerer wiegt vielleicht die Tatsache, daß die PKK eigentlich in den ihr zugeschriebenen Einflußgebieten in der Türkei zuletzt stetig an Macht verloren hat, zumindest wenn man die Wahlergebnisse - unter den Kurden! - dort zugunsten der türkischen Parteien als hinreichendes Indiz wertet. Dieser eigentliche Fortschritt könnte mit einem Hieb wieder zunichte gemacht werden. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/rolleyes.gif" alt="" /> <img src="/ubbthreads/images/graemlins/ouch.gif" alt="" /> ).

Ich weiß nicht, ob diese Idee wirklich so dumm ist... klar, Krieg ist niemals eine gute Wahl, aber es stellt sich die Frage, was die Türkei anderes machen soll. Ich finde die PKK-Politik der Türkei schon seit ihrem Beginn falsch... damit wir uns da nicht falsch verstehen. Aber unter den gegebenen Umständen sehe ich persönlich nicht viele andere Möglichkeiten der Türken, als militärische Stärke zu zeigen. Die aktuelle PKK hat nur noch wenig mit der ursprünglich zu tun, weil es mittlerweile weniger um einen "Freiheitskampf" geht - denn wie du auch festgestellt hast, haben viele Kurden im Osten der Türkei mehrheitlich die Regierungspartei gewählt. Das liegt am beginnenden Aufschwung und den Investitionen in dem Gebiet... auch wenn noch vieles getan werden muß, hat man zum ersten Mal wirklich den Eindruck, daß nicht nur die zwei, drei Großstädte des Landes unterstützt werden, sondern daß das gesamte Land in der Wirtschafts- und Sozialpolitik bedacht wird. Dementsprechend fühlen sich die Menschen nicht mehr so sehr im Stich gelassen wie noch vor 10 Jahren. Diesem Umstand ist auch zu bedanken, daß die PKK in der Tat an Bedeutung eingebüßt hat. Und damit findet sie sich einfach nicht ab - und greift zu Terror.
Was allerdings soll die Regierung nun machen? Es ist ja nicht so, daß die Bestrebungen in den strukturschwachen Gebieten des Landes eingestellt werden... die gehen weiter. Zusätzlich dazu gab es eben diesen Parlamentsbeschluß, der militärische Aktionen im Norden Iraks erlaubt. Dabei sollte nicht vergessen werden, daß dies keine Premiere ist. Es gab schon in der Vergangenheit solche Militäraktionen... und hinzu kommt, daß auch nach der letzten Parlamentsentscheidung in diesem Zusammenhang kein Militärschlag erfolgt ist.
Insofern halte ich die momentane Entwicklung nicht für eine glückliche, aber im Grunde genommen um eine konsequente, mithin sogar die einzige Wahl.

Erschwerend bei der ganzen Sache ist, daß die Unterstützung durch das Volk recht stark ist. Das hängt mit zwei entscheidenden Punkten zusammen:

1. In letzter Zeit sind relativ viele Menschen dem PKK-Terror zum Opfer gefallen - darunter auch zahlreiche Soldaten. Und bei den Türken sind gefallene Soldaten stets ein nationaler Trauerfall, der durch nichts zu entschuldigen ist. Daher wirken hier große Rachegelüste mit.

2. Die Armenien-Resolution, die in den USA verabschiedet werden soll, gepaart mit dem Widerstand der amerikanischen Besatzer im Irak erzeugen eine massive Trotzreaktion bei vielen Türken. Sie fühlen sich zu Unrecht gebrandmarkt durch solch eine Resolution und wenn sich dann die Urheber dieser Resolution gegen eine Militäraktion aussprechen, die die Türken als eine Art Selbstverteidigung betrachten, wollen sie das ganze gerade aus Trotz durchziehen.


Was die Amerikaner angeht: Ihre Reaktion ist nachgerade lächerlich und heuchlerisch pur. Und warum gerade die USA sich damit beschäftigt, ob ein anderes Land einen Völkermord begangen hat oder nicht, kann mir auch keiner genau erklären. Der blanke Hohn ist das in meinen Augen.


Nigel Powers: "There are only two things I can't stand in this world. People who are intolerant of other people's cultures... and the Dutch!"