Quote
Das Problem ist eher der Hang zu manch alter Tradition - z.B. die Ungleichbehandlung von Mann und Frau. Allerdings ist diese nicht gesetzlich verankert, sondern ein gesellschaftliches Problem. Bei der Beurteilung von Traditionen und der Verallgemeinerung dieser in Bezug auf das gleiche Land verweise ich aber z.B. auf Bayern... ich denke, Ralf kann uns da über einige althergebrachten Traditionen erzählen, die für vernünftige Leute ähnlich lächerlich anmuten - nicht zuletzt die Ungleichbehandlung von Frauen, die nicht nur in Bayern Gang und Gäbe ist.


Da stimme ich zu. Wo bitteschön wird eine Frau exakt gleich bezahlt wie ein Mann ? Eine Ungleichbehandlung der Frau gibt es hierzulande also auch, wenngleich subtiler.

Was mich an dem Kopftuchverbot immer aufgeregt hat, war, daß gerade in ländlichen Gebieten ältere Frauen Kopftücher tragen müssen - sonst machen sie sich lächerlich. Hier zu behaupten, sie täten das "aus freier Wahl heraus", ist lächerlich.
Gut, hierzulande wird ein Kopftuch nicht als religiöses Symbol benutzt (was für Muslime immer wieder angenommen wird), aber wer weiß, ob es nicht auch in extrem ländlichen (und damit oft erzkonservatibven) Regionen eben *doch* ein religiöses Symbol ist - für das Christentum ?

Was mich aber *wirklich* aufregt, ist, daß wir es hier in dem Mordfall mit einem - in meinen Augen - "übersteigerten" Ehrgefühl haben, das ich übrigens klischeehaft so ähnlich auch aus anderen süd-ost-europäischen Ländern kenne (wie gesagt : klischeehaft).

Ehre mag ein Konstrukt sein, um eine gewisse Form von Justiz aufrecht zu erhalten, wo es keine staatliche justiz gibt, ist aber in einer modernen Demokratie überholt, da der Staat das Gewaltenmonopol hat (einmal vom Widerstandsrecht abgesehen).

Ich persönlich sehe Ehre als eine Art altertümliches, relikthaftes Gut an, das in einem modernen Staatsgebilde aus oben erwähnten Gründen obsolet geworden ist.

Das Problem liegt mMn in einer patriarchalisch organisierten Gesellschaft - so vermute ich. In patriarchalischen Gesellschaften ist es mMn nicht überraschend, daß Frauen weniger Rechte haben, als in einer gleichbehandelnden Gesellschaft oder gar in einem Matriarchat.

Insofern finde ich es bedenklich, das patriarchalische Strukturen hier in ein Land eingeführt worden sind (durch Einwanderer), das diese im Grunde längst weitgehend abgeschafft hat - einmal von der oben erwähnten subtileren Ungleichbehandlung abgesehen.

Das Problem zu lösen wird nicht einfach sein, da Einwanderer nicht von Heute auf Morgen ihre Bindingen an Traditionen aufgeben werden können. Ich fürchte, daß das Problem sich erst in ein paar Generationen "auswachsen" wird.

Zum Schluß noch ein paar sehr zynische Worte : Wnn ich der Argumentation der Ehre folge, dann hat der Mörder die Ehre Deutschlands oder deren Verfassung beschmutzt, indem er verbotene Selbstjustiz geübt hat, und sich damit nicht an die Gebote der staatlichen Gesetze und speziell der Gewaltenteilung gehalten hat.

Ich gebe allerdings zu, daß das eine sehr seltsame Logik ist.




When you find a big kettle of crazy, it's best not to stir it.
--Dilbert cartoon

"Interplay.some zombiefied unlife thing going on there" - skavenhorde at RPGWatch