Flash, spann doch mal den historischen Bogen ein bisserle weiter. Denk an die vielen Völkerwanderungen, die Europa hatte - durch Eroberungen kam die römische Lebensweise, vermischte sich mit denen der anderen keltischen/germanischen/gallischen Stämme - später die Christianisierung. Ich sehe keinen großen Unterschied zu den Zeiten. Europa ist Multi-Kulti IMO. Durch Separatismus und einer klinischen Konservierung der jeweiligen ortsansässigen Kultur wäre die Assimilation nicht möglich gewesen. Muslimische Enklaven gabs doch auch schon seit Urzeiten (Mauren)
Und von wegen => der Religionsfeiertag hätte keine Tradition => äh, Tradition entsteht nicht von heut auf morgen, sie wächst - also gabs überall mal einen Anfang oder eine Adaption des alten.
Nur weil das heutige Europa vorwiegend christlich abendländisch ist, muss es das nicht bleiben - auch hier ist eine Konservierung im historischen Kühlschrank sinnlos. Überall wo Menschen leben und neue dazukommen oder alte abwandern => werden Kulturen neu definiert, verändern sich, modifizieren sich. Kultur braucht die Veränderung, um lebendig zu sein. Das ist doch gerade das Problem mit den Religionen, die sind ab irgendeinem Zeitpunkt in Konvention und einer sinnentleerten Tradition erstarrt - erscheinen in vielen Bereichen nicht mehr zeitgemäß, weil sich die Zeiten verändern, die Werte. Klar, entrümpeln oder sich vom altgewohnten zu trennen fällt halt schwer, weil sich ein (haltgebendes) Gerüst in Luft auflöst - aber trotzdem sehe ich im weitgespannten historischen Bogen keinen Unterschied.
Trennendes und Unterschiede müssen nicht auf Deibel komm raus aufrecht gehalten werden - egal worum es geht. Ich verstehe einfach nicht, warum sich Wolgadeutsche, Siebenbürger IMMER noch als solche definieren - hängt die individuelle Identität von einem Etikett ab? Ich sage: nein, tut es nicht. Traurige Realität durch Nachrichten: doch, scheint es zu tun. Warum müssen wir uns über Unterschiede definieren statt das Verbindende zu erforschen?
Fanatische Fans der Eintracht Ffm oder Offenbacher Kicker => das gemeinsame ist doch hier die gleiche Begeisterung für ein und dieselbe Sportart, oder? Und? Die Unterschiede werden gepflegt. Die gleiche Chose sehe ich bei Religionen - wieso MUSS ein Unterschied (und das verbissene Festhalten daran) ein Grundstock für Identität sein? Wieso muss da ein Richtig/Falsch (Gläubig/Ungläubig)sein? Wieso das Festhalten am Dualismus? Verlieren wir uns im Gemeinsamen? Muss sich das Individuum zwanghaft am Unterschied festklammern, die gleichgesinnte Gruppe suchen - um sich durch Masse dann abzugrenzen vom "anderen", "fremden"?
Spürt sich eine Kultur nur im Unterschied und Abgenzen? Was ist dann Kultur überhaupt? Der Wandel ist ein Merkmal von Kultur IMO - entweder im Frieden oder in der Gewalt, mehr sehe ich im weitgespannten historischen Bogen nicht. Unsere Chance liegt im friedlichen Wandel IMO.
Kiya
Obs einem gefällt oder nicht - in Deutschland gibt es Parallelkulturen, die nebeneinander herleben und in denen es immer wieder zu Gewalt, Abgrenzung, Verachtung und Mißtrauen kommt. Ich bin diese blöden Enklaven von allen Seiten kotzekotzeleid! Es ist mittelalterlich, menschenfeindlich, lebensfeindlich und gewaltfördernd. Ich finds primitiv, wenn sich Menschen gegenseitig ihre Wertigkeit/Unwertigkeit vorwerfen, weil der eine ein Kreuz, der andere ein Kopftuch trägt. Dass der Ruf des Muezzin gegen Kirchenglocken aufgerechnet wird.
Ok, durch einen ZUFALL der Geburt habe ich einen deutschen, abendländischen blablabla Pass - habe ich dadurch eine dt, abendländische blablabla Identität als kiya? NEE! Und ich will das auch nicht. Ich bin und bleibe kiya - und ich möchte den anderen als Individuum sehen, nicht als Etikett, vorgegeben durch eine "Kultur". Ich möchte auch vom anderen so gesehen werden, als kiya - nicht beurteilt werden nach meinem kaukasischen Aussehen, ob ich mandelförmige Schlitzaugen oder slawische Wangenknochen habe - wir sind alle eins => Homo Sapiens. Dann sollten wir auch unsere Gehirnzellen benutzen statt Blut-und-Boden Instinkten (Schiss vor dem Fremden) weiterhin zu frönen. Der Einzelne kann auf Dauer nicht ohne die Gemeinschaft leben - wir sind darauf angewiesen, stimmts? Also, was soll das krampfhafte Festhalten an einer Kultur, die in sich eh wandelbar war über die Jahrtausende? Wann soll denn der immerwährende Wandel stattfinden wenn nicht in jedem einzelnen kleinen Moment?
WARUM muss der einzelne Mensch denn soviel Angst haben, sich zu verlieren? Warum?
Last edited by kiya; 20/11/04 09:04 AM.