Im Kölner Stadt-Anzeiger hat es (leider nur in der gedruckten Ausgabe) zwei *sehr* interessante Artikel gegeben.

Es geht darin darum, wo wohl die Hintergründe für die Krawalle in Frankreich liegen könnten.

Ein Tenor geht dahin, die Leute, die diese Krawalle machten, schlichtweg als "Gesindel" abzustempeln. Ein rassistischer Tenor, also.

Ein weiterer Tenor - der möglicherweise eine Weiterentwicklung aus dem rassistischen sein könnte - sieht die Sache etwas differenzierter.

In dieser Version wird vermutet, daß die Krawalle Ausdruck von patriarchalischem Machtstreben sind, das speziell von den Bewohnern dieser Vorstädte ausgedrückt wird. Patriarchalisch, das heißt, von der Männer-Seite her bestimmt.

Das soll angeblich nach dieser These so zum Ausdruck kommen, daß sich die Männergruppen dort mit den Krawallen Respekt und Macht zu verschaffen versuchen. Wer Krawalle macht, hat Macht oder so. Ähnliches gilt für das Anzünden von Autos.

Das wird - laut dieser These - ähnlich gemacht, wie in amerikanischen Ghettos - Gangs, Gangsta und Konsorten. Die Underdogs versuchen, durch kriminelle Machenschaften - wie eben das Anzünden von Autos, das Bilden von Gangs usw. - sich Macht zu verschaffen.
Einen Satz fand ich besonders bemerkenswert (egal, ob er nun zutrifft oder nicht) : "Das einzige Beständige sind die Frauen. Die Männer sind entweder auf der Flucht oder im Gefängnis". Das heißt - dieser These zufolge - daß sich das männliche Machtstreben auch darum drteht, Macht über Frauen ausüben zu können. Der erste Artikel behauptet denn dann auch, daß sich Frauen von den Krawallen ferngehalten haben, der zweite verneint das.

In dieser These ist dieses männliche Machtstreben sowohl patriarchalisch als auch primitiv. Primitiv deswegen, weil es mit einem Kodex hantiert, der - laut Artikel - aus einer einfacheren, archaischeren Verhaltenszeit stammt (Stichwort Blutrache). Dieses Element der "primitivität", gemünzt auf die Bewohner dieser Vorstädte, könnte durchaus als "rassistisch" gelten, denke ich.

Interessant war dann der Schluß des ersten Artikels : Daß nämlich diese Krawalle Ausdruck eines im Gründe sehr verstörten Mannesbewußtseins seien - in dem Sinne, als daß die Männer dieser Vorstädte nicht mehr mit dieser modernen Kultur zurecht kämen - eine Form von Kulturschock also. Und daß sie - insbesondere Angesichts der "Tatsache", daß die Frauen viel gebildeter seien und sich viel schneller und besser in die Gesellschaft einfügen könnten - zunehmend verwirrt über ihre eigene Riolle der "Männlichkeit" seien, und aus dieser Motivation heraus zu dem "Werkzeug" der Krawalle als "Aufschrei" und Versuch einer archaisch anmutenden Festigung des männlichen Machtanspruches gegriffen hätten.

Ich werde aus diesen zwei Artikeln noch nicht ganz schlau, da sich das Ganze zu einer öffentlichen Diskussion - einem Diskurs also - zu entwickeln scheint. Ich bin gespannt auf die nächsten Artikel.

Leider gibt es sie nicht online. Das würde einiges einfacher machen. Ich finde sowieso generell, daß es die *besten* Artikel im Kölner Stadtanzeiger *nie* online gibt ... <img src="/ubbthreads/images/graemlins/rolleyes.gif" alt="" />


When you find a big kettle of crazy, it's best not to stir it.
--Dilbert cartoon

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